Die Mensch-Gott Gestalt

Die Gestalt.

In der Enthüllung (Offenbarung) steht im 1.Kapitel eine geheimnisvolle Gestalt vor den Augen des Lesers (Verse 10-16). Als Johannes sie im Geist am "Tag des Herrn" (Vers 10) sah und ihre Worte hörte, fiel er "wie tot" zu den Füßen der Gestalt nieder (Vers 17). Wer ist diese Gestalt? Warum zeigt sie sich so, wie Johannes sie beschreibt? Sie zeigt sich, aber verhüllt. Symbolisch verhüllt. Das ganze Buch der Enthüllung ist von Anfang bis Ende ein Buch so voller Symbolik, dass wir ohne Deutungshilfe (Vers 1) nichts verstehen würden.

Die Gestalt birgt - zusammengeballt - eine solche Fülle von Botschaften, wie sie, meiner Meinung nach, nirgends in der Heiligen Schrift zu finden ist. Sie reizt seit ca.1900 Jahren zu theologischen Spekulationen. Dort reihe ich mich gerne ein. Ganz hinten. Aber auch dort gilt die Verheißung aus dem Prolog der Enthüllung: MAKARIOS - glückselig - sei der Lesende und Hörende.

Der Zeitfaktor.

Im Buch der Enthüllung Jesu Christi spielen Zeitangaben eine dominante Rolle. Sie werden von den meisten Auslegern linear gedeutet. Vieles spricht auch dafür. Darum erwartete jede Generation an Lesern die "Erfüllung der Enthüllung" zu ihren Lebzeiten. Wie die Leser unserer Zeit. Natürlich gehörte (gehöre) auch ich dazu. Jedoch suche ich nach Korrektur dieser Ansicht. Könnte eine gewisse ergänzende Zeit-Sicht - in einer Art von SYNOPSE - in der geheimnisvollen Gestalt aus dem ersten Kapitel bereits ausgedrückt worden sein?

Eine Synopse?

Wenn ich die Gestalt als SYNOPSE (auf deutsch "Zusammenschau") des Zeitgeschehens betrachte, nähere ich mich einer gesamt-göttlichen Sicht des Werdens. Werden heisst leben durch eine Geschichte hindurch. Werden hängt mit dem Namen JAHWE zusammen. Der biblisch - hebräisch Kenner F.H.B. übersetzt das Tetragramm (die vier hebräischen Buchstaben des Gottesnamens JAHWE) mit "der Werdenmachende". Gott lässt alles "erwerden".

Das ist meistens linear erkennbar, seltener konzentrisch - wie von aussen nach innen, von innen nach aussen. Johannes sieht die Gestalt eher in konzentrischer Weise. Zuerst das Umfeld, dann die Gestalt. Eine "logische", lineare Abfolge von Schwerpunkten ist nicht sofort erkennbar - nicht einfach "von Kopf bis Fuss", wie wir sagen. Bewusst verzichte ich in dieser Studie auf die zeitgeschichtlichen Hintergründe der Verbannung von Johannes auf die Insel Patmos. Sie kann in jedem guten Bibelkommentar nachgelesen werden.

Überzeitlichkeit.

Überzeitlichkeit - welch ein seltsames Wort. Ich erinnere mich nicht, in welchem Zusammenhang ich es schon einmal gehört habe. Aber es gefällt mir. Steht es über der Zeit und gehört dennoch zur Zeit? Will die Gestalt Zeitliches und Äonisches ("Ewiges") synoptisch darstellen?

Der Tag des Herrn.

Johannes wird im Geist in den "Tag des Herrn" versetzt, Kapitel 1,10. Er bleibt aber mit den Füßen auf der Insel Patmos stehen. Auf diese Erde fällt er auch hin, zutiefst erschrocken über die Vision der Gestalt und ihre Worte (Vers 17). Zeitlich gesehen bleibt er einerseits in der natürlichen Zeit und andererseits in einer zeitlich nicht definierten Zeit. Erst ab Kapitel 4,1 wird er nochmals im Geist durch eine geöffnete Tür in den Himmel nach oben versetzt. Ab hier beginnt die eigentliche "Enthüllung Jesu Christi", visionär gesehen und - mit unseren Zeitbegriffen - riesige Sprünge machend. Als Beispiel sei auf das Kapital 6,1-8 hingewiesen, in dem eine grosse Zeitspanne abläuft - innerhalb eines anderen linear ablaufenden Geschehens, nämlich das der Siegelöffnungen. Die Abläufe im Text der "vier apokalyptischen Reiter" geschehen nun in ihrer Zeit und gleichzeitig zur Zeit der Siegelvision, als Teil derselben. Es ist eine Vision innerhalb einer anderen Vision. So überschneiden sich also zwei Zeiten und sie sind, visionär gesehen, für Johannes nur EINE Zeit. Könnte das wieder auf eine in der ganzen Buchrolle der Enthüllung öfter auftretende Überzeitlichkeit hinweisen?

Die Stimme.

Eine Posaune ist laut. Eine Posaune hinter zwei Ohren ist sehr laut. Die Stimme der Gestalt drang im Vers 11 fast gewaltsam in die Ohren von Johannes ein. (Es sei vorweggenommen: in Vers 15 tönt sie anders: wie Wasserrauschen. Sie verändert sich also von einem scharfen Einzelton in eine rauschende, vielfältige Tonalität). Die Stimme gibt einen Schreib und- Sendeauftrag an sieben Gemeinden. Aber im gleichen Vers 11 gibt es ein kleines Problem für den genau forschenden Bibelleser: In der besten überlieferten Gesamthandschrift des Neuen Testaments, dem Codex Sinaitikus, werden von den sieben nur sechs Gemeinden genannt! Sardes fehlt in der Aufzählung - ein Rätsel für mich, für das ich noch keine gute Erklärung fand - zumal das Sendschreiben durch Johannes in Kapitel 3,1-6 dem Engel der Gemeinde in Sardes diktiert wird.

Die Leuchter.

Johannes dreht sich um. Er will die Stimme sehen. Ich frage mich: Kann man eine Stimme sehen? Natürlich nicht! Aber dafür sah er sieben goldene Leuchter. Sie müssen sehr dominant leuchtend dort gestanden haben. Denn die Gestalt, die mitten darin steht, sieht er erst nach dem Eindruck, den die Leuchter hinterliessen (Verse 12-13). Schält sich die Gestalt aus dem Licht der Leuchter heraus?

Die Gestalt.

Sobald Johannes die Gestalt erkennt, vergleicht er sie mit einem "HOMOION HUION ANTHROOPOU"- einem "SOHNÄHNLICHEN (des) MENSCHEN". Er gebraucht das Wort HOMOIOS, ähnlich, nicht ISOS, gleich. Es heisst auch nicht "Sohn des Menschen, oder Menschensohn". Das wären Worte, die sofort an die Selbstbenennung von Jesus in den Evangelien erinnern würde. Somit ist es, meiner Meinung nach, nicht Jesus Christus, auch kein "visionär-erscheinender" Jesus. Sondern es ist eine Gestalt, die mehr ausdrücken will. Zu kurz gegriffen wäre es auch, die Gestalt als die vollendete Gemeinde Christi zu sehen - obwohl das der geheimnisvollen Bedeutung recht nahe kommen könnte. Manche Ausleger sehen die Gestalt auch als den Engel von Jesus, "seinen Engel" aus dem ersten Vers des Kapitels. Wieder andere wollen sogar in ihr den voraus auferstandenen Apostel Paulus sehen. (Die Gründe für diese Auslegung liegen in den Bibelstellen Philipperbrief 3,10-11 / Kolosserbrief 1,25 / 2.Thessalonicherbrief 3,16-18 und der letzte Vers in der Enthüllung Kapitel 22,21). Es ist schwierig, eine befriedigene Benennung für diese "sohnähnliche" Mensch-Christus-Gott Darstellung zu finden. Vielleicht offenbaren die folgenden, detaillierten Ausführungen mehr darüber.

Schwerpunkte der Vision.

Enthüllung Kapitel 1, 10-17

  • Der "Herrentag"
  • Die Stimmen
  • Der Schreibauftrag
  • Die Leuchter
  • Der Sohnähnliche als Gesamtbild
  • Das Gewand
  • (Kleider als Körperschaft)
  • Das Gewand
  • Der Gewand einer Frau
  • Der goldene Gürtel
  • Das Haupt
  • Die Haare
  • Die Augen
  • Die Füße
  • Die sichtbare rechte Hand
  • Die unsichtbare linke Hand
  • Die Sterne
  • Der Mund
  • Das Schwert
  • Das Antlitz als Gesamtbild

Der "Herrentag"

Viele lesen hier "am Tag des Herrn" - und vielleicht ebensoviele verstehen den "Sonntag" damit. Das Griechische sagt hier EN TÄ KYRIAKÄ HÄMERA - im "Herrentag". Johannes betont, dass er im Geist dort war ("im Geist erwurde") und gibt damit einen visionären Hinweis: Er empfindet sich in einer Zeit, die er mit der Enthüllung (Offenbarung/Wiederkunft?) des HERRN identifizierte. Er befand sich also schon IN dem Tag und es war wohl - mit einem modernem Vergleich - als ob man nicht in einem Kinosaal einen Film anschaut, sondern "mitten im" Film wäre. (Seltsamerweise erlebt er in diesem Geisteszustand noch einmal eine weitere "Geistreise" - und komnt durch eine geöffnete Tür im Himmel in den Thronsaal Gottes, siehe Kapitel 4,1-2).

Könnte somit der erste Geisteszustand wie eine Art "Vorfilm"gesehen werden?

Die Stimmen

Dreimal lesen wir zusammen mit der Gestaltbeschreibung von einer Stimme. Das erste mal "wie eine Posaune", das zweite mal "wie die Stimme vieler Wasser" und das dritte mal als "reden wie in einem Schlusswort" (ab Vers 17). Die Posaune spielt in dem Enthüllungsbuch eine gewichtige Rolle. Es kommt sechsmal als Hauptwort und zehn mal als Verb "posaunen" vor (im Kapitel 18,22 liest man noch zusätzlich von den Posaunenbläsern in Babylon). Zwischen Kapitel 8,6 und Kapitel 11,15 handeln die Texte von den sogenannten "Posaunengerichten". (Was die Posaunenstimme in Kapitel 1,10 mit den Posaunengerichten gemeinsam hat, muss hier offengelassen werden). Die Posaunenstimme gibt einen persönlichen Auftrag, sie ist direktiv ausgerichtet.

Die zweite Nennung der Stimme erfolgt in Vers 15: "Wie viele Wasser" ertönt sie. Sie erscheint wie eine art Hintergrundsrauschen und gibt keinen Auftrag an Johannes. Das Direktive fehlt. Sie gibt eine andere Botschaft, eine allgemeine. Welche Information könnte sie andeuten? Der Prophet Ezekiel gebraucht die gleiche Formulierung im Kapitel 1,24: "...wie die Stimme vieler Wasser" tönt das Flattergeräusch der Engelsschwingen, tönt das "Getön" des EL SHADDAI, des Allmächtigen (eigentlich "Der mit seinen Brüsten Nährende"). Oder, findet Ezekiel, tönt es auch wie das Getümmel eines Heerlagers. Das Stimmesrauschen scheint in die Machtverhältnisse und Majestät der himmlischen Welt zu weisen. Im Psalm 29, der Psalm der Stimme des Herrn, geht die Stimme des Herrn auch "über grosse Wasser" (Vers 3). Ein anderer symbolischer Bezug der "vielen Wasser" wird Johannes im Kapitel 17,1 und 17,15 der Offenbarung erklärt: Es sind die LAOI (Völker), OCHLOI (Mengen), ETHNÄ (Ethnien oder Nationen) und GLOSSAI (Sprachen) die mit Babylon gehurt haben. Das Stimmesrauschen, das Johannes mit der zweiten Nennung der Stimme hört, ist ein "Rauschen zum Gericht".

Die dritte Nennung einer Stimme scheint wieder ganz anderer Natur zu sein (Kapitel 1,17). Da Johannes so stark von der visionären Erscheinung wie tot umfällt, hilft ihm die Gott-Mensch Gestalt mit der Berührung der rechten Hand wieder auf die Beine und spricht tröstliche Worte zu ihm.

Das Gewand

Als nächsten Eindruck sieht Johannes das Gewand der Gestalt. Da unsere Augen eher zu leuchtenden als zu dunkleren Teilen eines Anblicks geleitet werden, wundert mich die hier stattfindende visionäre Abfolge. Das nicht leuchtende Gewand wird "eingerahmt" von leuchtenden Haaren, Augen, Sternen und Füßen. Seine dominante Nennung könnte mit einer dominanten Bedeutung zu tun haben. Das von der Gestalt getragene Gewand heisst PODÄRÄ auf griechisch und kommt nur hier im NT vor. Es ist einer königlichen Gewandung vergleichbar. PODÄRÄ bedeutet "fussgehoben". Das Wort setzt sich aus POUS (Fuss) und HAIROO (hochheben) zusammen.

Mit einer solchen Bekleidung könnte man sich nur langsam bewegen - eben "majestätisch langsam". Die Gestalt bewegt sich nicht. Ich habe vorläufig zwei Fragen zu dieser PODÄRÄ:

Hat das PODÄRÄ Gewand eine geistliche Bedeutung als Körperschaft und welchen Körper bedeckt es?

Kleider als Körperschaft

Im geistlich-göttlichen Raum gibt es, meiner Meinung nach, keine Nacktheit. Selbst Adam und Eva wurden erst nach dem "Sündenfall" "nackt" genannt. Vorher waren sie mit Licht bekleidet wie ihr Schöpfer, der mit ihnen wandelte im Garten Eden (siehe Psalm 104,2 und "Thema Tier").

Nachdem das Lichtgewand sich verflüchtigte, bedeckten sie sich alsbald mit Ersatzkleidern (Feigenblätter?). Danach (Genesis 3,21) erhielten sie eine göttlich hergestellte Bedeckung (Haut, fellähnliche Haut?). Diese Bekleidungen weisen natürlich auch auf ihre Symbolik hin, denn Kleider werden zu einem Teil unserer Persönlichkeit. Unser Sprichwort "Kleider machen Leute" ist in seiner Bedeutung bekannt. "Leute machen Kleider" hat jedoch neben seiner Bedeutung der Fabrikation und des Stils noch einen anderen Sinn: die Kleider eines Menschen werden durchtränkt mit seiner Persönlichkeit. Siehe das Beispiel von Jesus und der blutflüssigen Frau, die ja nur die Zipfel seiner Umhüllung anrühren musste, um von seiner Kraft zu nehmen und gesund zu werden (Matthäus 9,20-22). Oder nehmen wir die Kleider von Paulus (Apostelgeschichte 19,12). Sein Wesen war erfüllt mit der Herrlichkeit Gottes. Diese zeigte sich in seiner Vollmacht und durchtränkte seine Kleidung, sodass die Kleidung auch ohne Paulus in der Kraft des Trägers wirken konnte: Kranke wurden geheilt, nachdem man die Kleider den Notleidenden aufgelegt hatte. Was aber haben Kleider mit einer Körperschaft zu tun? Ich verstehe sie als "Verlängerung" und "Erweiterung" des Trägers. Der Träger ist eine Körperschaft. So wie "der Christus" in den paulinischen Briefen die Körperschaft von Haupt und Gliedern Christi darstellt, so ist auch sein letztes, ungenähtes Gewand vor der Kreuzigung ein Hinweis auf eine Körperschaft. Im geistlichen Sinne wäre somit jede Gewandung des Christus eine weitere Körperschaft, die zwar nicht genau wie - aber ähnlich wie - der Christus wirken könnte. Heilgeschichtlich ergibt diese Theorie auch in der Deutung der PODÄRÄ interessante soteriologische Möglichkeiten während der noch kommenden Äonen.

Das Gewand einer Frau

Wen auch immer die Gestalt darstellt - das Gewand ist der Gestalt angepasst und gehört eng zu ihr. Es verdeckt den grössten Teil der Gestalt und offenbart dennoch etwas Erstaunliches über den verhüllten Träger: nämlich seine Weiblichkeit durch die Ausbuchtung im Brustbereich. Sie spannt sich über die erwähnten MASTOI (griechisch für nährende Brüste) und nicht über die STETHÄ (allgemeiner griechischer Name für Brüste bei Menschen oder Engeln, siehe Enthüllung 15,6). Die Körperschaft dieses Gewandes könnte also verhüllende und schützende Aufgaben nach aussen hin haben. Vielleicht hat es auch mit der prophetischen Rede des Jeremia zu tun, Kapitel 31,22: "JAHWE hat ein Neues geschaffen auf Erden - die Frau wird den Mann umgeben." Schützt nicht eine Frau ein Kind bis zur Geburt durch "das Kleid ihres Körpers" ? (Wird nicht aus der schützenden Mutter der geheimnisvolle "männliche Sohn" geboren - siehe das Bild aus Enthüllung Kapitel 12,5?) Nun, ich denke, dass das weiblich geschneiderte Gewand in unserem Text eine "weiblich handelnde" Körperschaft darstellen könnte, die einen weiblichen Körper verdeckt. Da aber die ganze Gestalt "sohn-ähnlich" genannt wird, kommen wir einer "androgynen" Körperschaft näher, einer männlich-weiblichen Wesenheit. Abgesehen von dem Unfug einer hermaphroditischen Sicht des Themas oder eines Götzentums der vielbrüstigen Gottheiten der Antike oder gar dem modernen Genderwahn, gibt es doch biblisch klare Hinweise, in denen sich Gott als weiblich zu erkennen gibt (bekannte Texte dazu sind Jesaja 66,13 / Matthäus 23,37 mit Genesis 1,2). Die Symbolik der sogenannten Stiftshütte (siehe xandry.ch "Evadam") zeigt im Heiligtum mit den Schaubroten und dem Leuchter das männlich-weibliche Gegenüber der Offenbarung Gottes. Falls man die MASTOI in Enthüllung 1,13 als weibliche Brüste anerkennen möchte, gibt es meiner Erkenntnis nach kein biblisch offensichtlicheres Bild einer weiblichen Ausprägung Gottes als mit dieser Gestalt.

Ist Gott androgyn, ist es der Mensch, als Geschöpf "in seinem Bilde", natürlich auch (Genesis 1,27).

Eine andere Deutung geht in Richtung des schon erwähnten EL SHADDAI: Der aus seiner Brust (Brüsten) vielnährende allmächtige Gott (Genesis 17,1). Das Androgyne ist nicht der einzige wichtige Aspekt Gottes der verborgenen weiblichen Gestalt. Sondern auch der nährende tröstende und bewahrende Aspekt. Geht das nicht aus der Dreifaltigkeit Gottes hervor? Dort sehen wir den einzig gewaltigen Schöpfer-Jahwe-Gott (Vater), den ausführenden Gott ( Sohn Jesus) und den nährenden, bewahrenden Gott (Geist im Mutter-Bild Gottes, siehe Jesaja, Kapitel 66,13). Im Neuen Testament entwickelt sich das Mutter-Bild Gottes in die "POLIS", die Stadt Gottes (Offenbarung Kapitel 21,1-2 und Galaterbrief 4,26 - siehe auch Urtextperle POLIS).

Der goldene Gürtel

Die Brüste stehen in einem engen Bezug zu einem goldenen Gürtel, der sich auf ihrer Höhe um das Gewand gürtet. In der Offenbarung finden wir nur noch einmal goldene Gürtel. Im Kapitel 15,6 gehen sieben Engelfürsten aus dem himmlischen Tempel heraus. Sie kommen in der Autorität der letzten sieben Zornesschalen für die sieben letzten Plagen über die babylonische, antichristliche Welt. Die Engel tragen die Gürtel um ihre Brust herum. Jedoch wird hier der griechische Ausdruck der männlichen Brust gebraucht, STETHOS und nicht MASTOS, das Wort für die weibliche Brust (vergleiche mit den MASTOS Stellen im Lukasevangelium 11,27 und 23,29).

Es ist ein Unterschied zwischen der biblisch gebrauchten Symbolik der Hüftgürtel und der Brustgürtel. Der Gürtel um die Lenden hat mit Kraft und Persönlichkeit zu tun. Die Messias Prophetie in Jesaja 11,5 nennt den Hüftgürtel sogar doppelt: "Gerechtigkeit wird der Gurt seiner Lenden und Treue der Gurt seiner Hüften sein". In der "Lobeshymne"an die Frau in Sprüche 31,17 steht: "Sie umgürtet ihre Lenden mit Kraft..." Oder was Jesus zu Petrus nach der Auferstehung sagte: "Da du jünger warst, gürtetest du dich selbst und wandeltest wohin du wolltest. Wenn du aber alt wirst, wirst du deine Hände ausstrecken und ein anderer wird dich gürten und dich führen, wohin du nicht willst..." Eine der bekanntesten Gürtelstellen im Neuen Testament steht im Epheserbrief Kapitel 6,14: "So stehet nun, umgürtet an euren Lenden mit Wahrheit". Die Symbolik des Hüftgürtels weist auf Wesen, Wille und Wahrheit hin. Und der brust-hochgegürtete goldene Gürtel betont Hoheit, majestätische Autorität und Herrlichkeit.

Das Haupt

Das Haupt der Gestalt wird in Kapitel 1,14 zusammen mit dem Haar genannt. Beides erscheint "weiss wie weisse Wolle" und - als Ergänzung - wie Schnee. Dadurch, dass Haupt und Haar "nur" weiss dargestellt werden, ermöglicht Johannes einen Blick, ohne geblendet zu werden. (Denn in Vers 16 kann er nichts mehr vom Haupt erkennen. Denn dort verändert es sich zu einer Sonne. Und in die Sonne zu blicken, ist unmöglich mit den natürlichen Augen). Die Aussage "weiss wie Wolle, weiss wie Schnee" lässt den israelitischen Bibelkenner an Jesaja 1,18 denken. Die dortige Symbolik hat mit der Vergebung der blutroten Sünde zu tun, die Gott dem Volke Israel gewährt. Rot wird zu weiss - nach der Umkehr (Busse) käme die Vergebung. Offenbarung Kapitel 1,14 weist ebenso auf den Propheten Daniel hin, der in Kapitel 7,9 eine Gottgestalt mit weißem Kleid und mit Haaren wie "reine" Wolle sieht. In Daniel 10,6 erscheint eine weitere göttliche Gestalt mit Augen "wie eine Feuerflamme (feurige Fackel), ähnlich wie bei der Vision von Johannes. Die beiden Visionen ähneln sich stark. Kapitel 1,16 geht noch auf ein weiteres Detail des Hauptes ein - auf den Mund der Gestalt, aus dem ein zweischneidiges scharfes grosses Schwert hervorgeht. Dieses Schwert (griechisch: RHOMPHAIA) kommt - ausser in Lukas 2,35 - nur in der Offenbarung vor. Es ist ein grosses "Gerichtsschwert" und kein Schwert für Verteidigung oder Opferung wie im bekannten Text aus Epheserbrief 6,17 (griechisch: MACHAIRA). Es wird als "zweischneidig und scharf" bezeichnet. Zweischneidig (griechisch: DISTOMOS) bedeutet genauer "zweimündig" und bezieht sich meiner Meinung nach auf den "Mund" des Alten Testamentes und den des Neuen Testamentes - kommt nicht das Wort Gottes auf zweierlei Art zu uns? Seltsamerweise symbolisiert dieses ROMPHAIA-Schwert auch die einschneidenden, schmerzlichen Gefühle von Maria (Lukas 2,35) in Bezug auf ihren Sohn. Die Prophetie von Simeon im Tempelhof wird sie ihr ganzes Leben danach beeinflusst haben...Geschah dadurch ein Gericht, eine "Zurechtbringung" in ihrer Seele? Die Aussagen zum Haupt der Gestalt gipfeln in seiner Veränderung zum Aussehen der Sonne. Psalm 84,12 bezeichnet Gott als "Sonne". Herrlicheres Licht als das der Sonne konnte sich Johannes nur schwer vorstellen. Es überwältigt ihn derart, dass er "wie ein Toter" umfällt.

Die Haare

Kapitel 1,14 werden über dem Haupt der Gestalt die weissen Haare, "weiss wie Wolle, wie Schnee" besonders erwähnt. Ich erwähnte schon, dass dies auf die Aussage von Jesaja 1,18 hinweist. Zum allgemeinen Thema "Haare" und deren geistliche, symbolische Bedeutung siehe Artikel "Körperteile". In welcher Art die Haare von Johannes gesehen werden, steht nicht im Text. Aber in meiner Fantasie zeigt sich die berühmte Zeichnung (Mensch in Kreis und Quadrat) von Leonardo da Vinci: So stelle ich mir auch die Haarpracht dieser Gott-Gestalt vor. Der Grund dazu ist, dass die Haare wie Antennen in das All ragen könnten und nicht wie eine "Frisur" anliegen. Denn der Raum über der Gottheit ist erfüllt von seiner majestätischen Ausstrahlung in "Sendung und Empfang". Sie ist nicht erfassbar. (Dieses unfassbare "Oben" hat einen Gegenpol im unfassbaren "Unten" der glühenden Füße, auf die ich noch eingehen werde). Könnten die Haare wie eine Art "Krone" dieser göttlichen Gestalt verstanden werden? Zumal der Prophet Daniel in seiner Vision (Kap. 7,9) die Haare dessen, der auf dem Thron sitzt, auch betont?

Die Augen

Kapitel 1,14 betont neben den Haaren ein anderes Merkmal des Hauptes - die Augen des Angesichtes. Neben der Stimme sprechen die Augen einer Person. Der Angesprochene wird angeblickt. Augen unterstreichen eine Botschaft. Im griechisch geschriebenen NT gibt es verschiedene Ausdrücke für "Angesicht". Hier im Text steht das selten gebrauchte "OPSIS". Im allgemeinen heisst das Angesicht "PROSOPON" (siehe 1.Petrusbrief 3,12) und wird in der DÜ Bibel wörtlich übersetzt mit dem ungewöhnlich klingenden Ausdruck "Zuaugendes". Ein Angesicht ist also von den Augen bestimmt und ist das, was man "anblickt", also "die Augen hinzu" leitet. Johannes empfängt eine überwältigende Botschaft durch die gesamte Erscheinung und insbesondere mit der Stimme und den Augen des Hauptes (KEPHALE im griechischen). Das Haupt-Thema (KEPHALEION) ist der Schreib-Auftrag an die sieben Gemeinden. Die ganze Gestalt spricht jedoch Johannes so sehr auch persönlich an, dass er "wie tot" zu ihren Füssen umfällt.

Eine weitere Symbolik der Augen zeigt sich zusätzlich im Verlauf der Vision. Im Kapitel 4,6 sieht Johannes vier Lebewesen um und in dem Thron Gottes, die "voller Augen vorne und hinten" sind. Im Text 4,8 bedecken Augen auch die Flügel der Thronwesen. Gottes Augen wirken durch alles hindurch und sind stets bei seiner Schöpfung. Es ist alles "entblösst" vor seinen Augen (Hebräerbrief 4,13). Ebenso hat das Lämmlein, das inmitten des Thrones erscheint (Offenbarung 5,6), "sieben Augen", welches sind die sieben Geister Gottes, die in alle Lande gesandt werden.

Augen blicken umher, aber sie geben auch Einblick. Werden sie nicht im Volksmund "Fenster der Seele" genannt? Im Lukasevangelium 11,34-36 steht eine aufschlussreicher Text dazu. Wir Menschen erkennen in unseren Augen gute oder verdunkelte Absichten. Je mehr wir durch Jesus in Gottes Augen blicken dürfen, je mehr blicken wir auch in seine Seele und werden durch ihre Klarheit in Gerechtigkeit und Güte geleitet.

Das Schwert und der Mund

Wie eng hängen diese beiden Teile der Gestalt zusammen! Zwei der bekanntesten Texte dazu sind wohl Epheserbrief 6,17: "...und nehmet das Schwert des Geistes, welches ist das Wort Gottes". Dann aus dem Hebräerbrief 4,12: "...denn das Wort Gottes lebt und ist innenwirkend und schneidender als jedes zweischneidige Schwert. ..". Wir lesen in beiden Texten die meistgebräuchlichen griechischen Ausdrücke für "Wort", nämlich RHEMA und LOGOS. Sie sind im Gesamttext des Neuen Testamentes schwer unterscheidbar und trotz verschiedener Sprachwurzeln gut mit "Wort" übersetzt. Der Begriff "zweischneidig" bedeutet jedoch, genauer, "zweimündig". Meines Erachtens nach nicht nur, weil es in der Antike so gebraucht wurde, sondern auch weil die Gottgestalt in Offenbarung 1,16 aus zwei Mündern - dem alten und dem neuen Testament - spricht. Die Besonderheit des Schwertes zeigt sich darin, dass es hier RHOMPHAIA heisst und nicht MACHEIRA wie in den Epheserbrief -und Hebräerbrief Texten. MACHEIRA ist ein eher kurzes Schwert, das auch als Opfermesser gebraucht wurde (siehe Artikel "Geisterkampf"). RHOMPHAIA dagegen ist ein langes Schwert für den Kampf im Krieg und in der Seele (dazu siehe Lukasevangelium 2,35) und wird von der DÜ Bibel z.B. mit "Klinge" übersetzt. Das Schwert der Gottgestalt löst äußeren und inneren Kampf aus, der sich an der Wahrheit des Wortes Gottes misst.

Der Mund

Das Schwert kommt aus dem Mund der Gestalt. (Kapitel 1,16 -18). Warum betont Johannes den Mund? Hätte nicht die Stimme, mit der das Wort hörbar wurde, genügt? Offenbar nicht. "Münder" kommen bereits im Alten Testament sehr häufig vor. Es scheint mir jeweils eine besondere Betonung dabei zu geben. Schon allein durch die Reihenfolge der erstgenannten Vorkommnisse. Das erste Mal lesen wir vom "Mund der Erde (1.Mose 4,11), das zweite Mal vom Mund der Taube (1.Mose 8,11), das dritte Mal vom Mund einer Frau (1.Mose 24,57 und das vierte Mal vom Mund eines Mannes (1.Mose 25,28). Am häufigsten kommt natürlich der Mund Gottes vor, siehe: "Der Mund des Herrn sagt es.."(Micha 4,4). Im Neuen Testament heisst die erste Nennung: "Der Mensch lebt nicht vom Brot allein, sondern von jedem Wort, das aus dem Munde Gottes geht"(Matthäus 4,4). Hätte nicht die Aussage "...sondern von jedem Wort Gottes" genügt? Nein. Denn Mund ist nicht nur Mund als "Tonquelle", sondern auch sichtbare Mimik und besonders "Ton und Inhalt einer Rede", siehe Lukasevangelium 21,15. Und darum, nehme ich an, wird der Mund der Gestalt hervorgehoben. Es ist eine Gerichtsbotschaft, durch das Schwert untermalt - und eine Trostbotschaft zugleich.

Die sichtbare rechte Hand

Die Gestalt hält 7 Sterne in seiner rechten Hand - Kapitel 1,16 - und erklärt in 1,20 was dieses "Geheimnis" bedeutet. Die Sterne sind "die Engel" der 7 Gemeinden, denen Johannes die Botschaften weitergeben soll. Die rechte Hand kommt im Bezug zu Gott öfter im Alten Testament vor. Zum Beispiel im Psalm 77,11. Oder gleich dreimal hintereinander im Psalm 118,15-16. Die rechte Hand hat mit kraftvollem Sieg zu tun. Im Neuen Testament führt sie sogar Waffen, die zu ihrer Seite gehören, siehe 2.Korintherbrief 6,7. In diesem Vers wird auch die linke Seite erwähnt, es heisst "zur Rechten und zur Linken". Die rechte Hand der Gott-Gestalt hält also die 7 Sterne in den 7 Gemeinden und dies wird von ihr als "Geheimnis" bezeichnet.

Geheimnisse reizen zur Spekulation. So sind sich die Ausleger seit fast 2000 Jahren nicht einig, ob diese Sterne nun Menschen sind, die Gemeinden leiten oder Engel, die Gemeinden "unsichtbar von oben her" mitleiten. Aussagen wie im Kapitel 2,10 weisen eher auf Menschen hin. Dagegen Kapitel 2,13 eher auf Engel, da "der Thron Satans" im unsichtbaren Luftraum ist - siehe Epheserbrief 2,2 - und nicht in Pergamus. (Natürlich hat dies in Pergamus Auswirkungen, da dort der treue Zeuge Antipas getötet wurde). Wenn man bedenkt, dass alle Leitungen/Obrigkeiten durch Engelmächte "mitregiert" werden (Beispiel aus dem Propheten Daniel, Kapitel 10,13 und 10, 20-21) dann könnten beide Auslegungen zusammen gelten. Das genannte Geheimnis bleibt auch insofern ein Geheimnis, weil die 7 Sendschreiben selbst und vieles darin Ausgesagte sogar zeitlich gesehen nicht eindeutig ist: Sind es nur die damaligen 7 Städte, an die Johannes schreibt oder sind es 7 Zeitalter, von Johannes an gerechnet? Sind es Städte, die zwar heute zerfallen oder nur rudimentär vorhanden sind und im nächsten Äon, nach der Wiederkunft von Jesus, wieder entstehen?

Die rechte Hand der Gott-Gestalt hat ihre geheimnisvollen Aufgaben. Und was ist mit der linken Hand der Gestalt? Nichts? Weil sie nicht genannt wird? Im erwähnten Zitat aus 2.Korinther 6,7 gibt es auch zur Linken "Waffen der Gerechtigkeit". Die linke Seite ist im Kampf oft schwächer an Kraft aber gefährlicher in der Führung, weil die meisten Menschen (als Rechtshänder) die Waffenführung von rechts erwarten.

Die unsichtbare linke Hand

Es ist seltsam, dass die linke Hand nicht erwähnt wird - Johannes sieht sie nicht. Aber es muss sie geben. Eine normalgestaltete Person hat zwei Arme und zwei Hände. Ich muss mich an anderen biblischen Texten und Aussagen orientieren, wenn ich zum Thema "links" in der Bibel weiterkommen will. Eine linke Hand wird im Matthäus 6,3 erwähnt - mit der bekannten Aussage von Jesus: "Wenn du Almosen gibst, so lass deine linke Hand (TA ARISTERA) nicht wissen, was die Rechte tut, auf dass dein Almosen verborgen sei...". Weist nicht dieser Rat auf zwei Arten von Mildtätigkeit hin - auf verborgen gegebenes Almosen und auf öffentlich gegebenes Almosen? Die rechte Hand darf gesehen werden. Vielleicht soll sie sogar gesehen werden, als Anreiz für andere, dergleichen zu tun. Aber die gebende linke Hand soll nur Gott sehen. Der folgende Vers in Matthäus 6,4 erklärt warum: Die Gabe soll verborgen bleiben, damit auch nur Gott die Belohnung, das Lob der guten Tat, geben kann.

Links ist Verborgenheit. Unsichtbarkeit zum Guten. Aber links zeigt sich auch als gefährliche Unsichtbarkeit. Männer die eine Waffe links führen, sind im Kampf unberechenbarer. Oder Meuchelmörder töten oft mit links - siehe die Geschichte von Ehud im Richterbuch 3,15-23. Es gab im Stamm Benjamin gefährliche Kämpfer, die ihre Steinschleuder und Bögen mit links einsetzten - mit unberechenbaren Bewegungen (1.Chronikbuch 12, 2). Das Neue Testament kennt zwei Bezeichnungen für "links" - mit einer unterschiedlichen Wertung. Die linke Seite, mit dem Wort ARISTEROS, steht einerseits in der Nähe zu "Verborgenheit, Waffen, Kampf" (2.Korinther 6,7) und hat andererseits mit einer negativen Vorbedeutung zu tun. In der Antike gab es sogenannte Vogelschauer, die, nach Norden ausgerichtet, Unglückszeichen von links (ARISTEROS) herkommend weissagten und glückliche Zeichen von rechts. So musste ein anderer Ausdruck für links gebraucht werden, wenn das Gesagte grundsätzlich positiv gemeint war. Ein Beispiel dafür ist die Wortwahl der Mutter, die ihre zwei Söhne gerne im kommenden Königreich Gottes zur Rechten und zur Linken von Jesus sitzend sehen würde. Sie gebraucht EUNONYMON anstatt ARISTEROS für "links". EUNONYMON setzt sich aus EU und NOMOS zusammen, griechisch für "gut" und "Namen". Das tönt bedeutend besser als das Unglück bringende ARISTERON. Gebrauchen wir nicht auch heute noch gerne Euphemismen, das heisst lieber beschönigende als negativ tönende Worte? Johannes gebraucht weder das eine noch das andere Wort in seiner Vision, er überlässt den fehlenden linken Arm der Interpretation und der Frage "was will Jesus ihm - und somit uns - verhüllt lassen in seiner Enthüllung?

Die Füsse

Die Füsse der Gottgestalt glänzen wie Weisskupfer. Aber nicht weil sie "poliert" wären, sondern weil sie wie in einem Hochofen glühen. Der Glanz und die Herrlichkeit des Hauptes findet hier sein Gegenstück. Den flammenden Augen stehen die glühenden Füsse gegenüber. Was bedeuten sie? Allgemein gesehen haben Feuer, Flammen oder Glühen in der Schrift fast immer mit Gericht zu tun. Die jeweiligen Adjektive bei den biblischen "Feuer" - Nennungen verschärfen oft die Bedeutung. Es sind - unter anderen - "äonisch" ("ewig") oder "unauslöschlich" oder "verzehrend". Die bekanntesten Namen der Feuerorte in der Bibel heißen Gehenna und Feuersee. Aber die Füsse der Gottgestalt stehen nicht IN einem feurigen Ort, sondern SIND der feurige Ort. Das heisst, dass ein Teil des Körpers der Erscheinung aus glühend- glänzendem Weisskupfer besteht!

Wir bleiben an dem Gedanken dran: Wenn die Gottgestalt in einem Feuerort stünde, könnte sie auch wieder heraustreten. Wenn aber der feurige Ort ein Teil des Körpers ist, dann muss die Gestalt den Feuerprozess miterleben. Ist nun der Fussbereich ein Gerichtsbereich, dann richtet Gott schlussendlich im grossen Gericht nicht ausserhalb in einem Feuersee (siehe Offenbarung 19,20 und 20,10), sondern innerhalb von sich selbst - und erleidet das Feuer mit! (Für viele Christen ist dies wohl ein wenig bekannter oder gar ungeheuerlicher Gedanke). Wir sehen in dieser Studie die Gottgestalt als eine Körperschaft. Ihr größter Teil verbirgt sich unter dem Gewand und deutet eine weibliche Gestalt an. Der verborgene Körper wird nur an der Hand, dem Haupt und den Füssen sichtbar. Die in 1,13 betonte Sohnes-Gleichheit gilt für die ganze Menschen-Gestalt. Also setzen sich auch die Füsse aus Menschen zusammen. Sie leben mit Gott im Feuer, sie leben und leiden im Gerichtsfeuer. Sie sind Gott sehr nah, näher geht es nicht, denn er hat sie "in sich" aufgenommen, in seinen verzehrenden Feuerteil. Heisst es nicht im 1.Korinther 15,28 dass "Gott alles in allen" (oder auch "alles in allem") sein wird? Nimmt man diese Aussage wörtlich, dann könnte der Feuersee als ein in die Äonen der Äonen ("ewig"!) andauernder Ort nicht ausserhalb von Gott sein.

Nun einige Gedanken zum Gericht Gottes: Es gibt verschiedene Wege dazu. Man kann folgende Möglichkeiten erkennen: Gott bringt Menschen ins Gericht aufgrund ihrer Lebensweise. Er urteilt über sie in seiner absoluten Gerechtigkeit. Diese Verurteilung erfolgt im Sinne des Gesetzes (siehe die "10 Gebote" und die Grundlage von "Auge um Auge, Zahn um Zahn"). Mit dieser Verurteilung wäre auch der Feuersee endlich, da es im Gesetz Gottes keine unendliche Strafe für ein endliches Vergehen gibt. Die Menschen erleben das Leid, das sie anderen zugefügt hatten..."Bis sie den letzten Heller bezahlt haben" (Matthäus 5,26). Ich stelle nun - vereinfacht und plakativ - drei Theorien zum Thema "ewiges Gericht" zusammen:

  1. Viele Christen mit biblisch fundierter Meinung glauben an eine Erettung aus dem "höllischen Feuer", aus dem "ewigen Gericht". Sie werden im christlich geprägten Jargon "Allversöhner" genannt.
  2. Dem gegenüber stehen die "Allverdammer", die alle verurteilen, die nicht zu Lebzeiten zur Heilsanahme durch Jesus Christus fanden. Auch sie sehen sich biblisch fundiert.
  3. Dazwischen steht eine (zahlenmäßig wohl kleinere) Gruppe von biblisch ausgerichteten Christen, die der "Vernichtungslehre" anhangen. Sie glauben, dass Menschen, die in den Feuersee kamen, weder nach langer Läuterung dort wieder herauskommen, noch "ewig" mit Qual gerichtet werden. Sie denken, dass Gott diese Menschen nach langer Zeit nicht erlöst, sondern anniliert (vernichtet, auslöscht).

Die vierte und am wenigsten bekannte Möglichkeit der finalen Verurteilung hatte ich schon kurz erwähnt: Dass Menschen leben und leiden im Gerichtsfeuer Gottes, dem "Feuersee". Sie sind Gott dabei so nah, wie Füsse an den Beinen "nah" sind und haben doch nur im "verzehrenden Feuer"(Hebräer 12,29) Anteil an Gottes Herrlichkeit. Was hat Gott mit ihnen getan? Hat Gott nicht alle Menschen geschaffen und will seine Schöpfungen weder verstoßen noch vernichten? Er gab den Menschen Freiheit und respektiert daher auch ihre Entscheidungen. Darum will er sie auch nicht "bestrafen", wenn sie sich nicht "bekehrt" haben, sein Angebot der Errettung nicht annahmen. Die Menschen bestrafen sich selbst. Wie? Indem sie zu ihrer eigenen "DOXA", Herrlichkeit gekommen sind. Sie haben ihr Leben lang gemacht was sie wollten, in Eigensinn, Selbstsucht und Gier. Ich übersetze frei aus dem Grundtext wie Paulus diese Menschen im Philipperbrief 3,18-19 nennt: "...Sie sind die Feinde des Kreuzes Christi, ihre auf das Ziel ausgerichtete Vollendung ist die Weglösung (von Gottes Herrlichkeit ), ihr Gott ist ihr Bauch (alle grenzenlose irdischen Genüsse) und ihre Ehre und Herrlichkeit (DOXA) ist in ihrer Schande. .." Gott nimmt diesen Verurteilten nicht ihre Ehre und Herrlichkeit weg, um sie mit seiner eigenen zu ersetzen. Das göttliche Feuer sind die Menschen in der begrenzten Körperschaft des Fussbereichs. Dort wo es in den Beinen weiter hoch geht, könnte eine Körperschaft wirken, die sich aus "heiligen Engeln und dem Lämmlein" zusammensetzt (Offenbarung 14,10). Die Engel vertreten das Gesetz und das Lämmlein, als integrale und höchste Körperschaft der Gottheit, die Gnade.

Die Zeitfrage, die Dauer dieses Zustandes steht nun hinter der "Herrlichkeit" des Zustandes zurück, da ja "Gott alles in allen" ist.

JoomShaper