Gebetsarten im Neuen Testament

Diese Frage wurde millionenfach gestellt seitdem sich Gott den Menschen offenbarte. Die Antwort war, neben Tausenden von Büchern über das Gebet, wiederum millionenfache Erfahrungen, die Gott 'persönlich' jedem Sucher zukommen liess.

Das ist das Eine. Das Andere ist: jeder Gottverbundene, besonders jeder 'wiedergeborene' Christ (wie immer man auch dieses 'wiedergeboren' interpretiert, Gott kennt die Seinen!) macht Wachstumsstufen in allen Lebensbereichen durch. Johannes erwähnt sie im 1.Brief, Kapitel 2,12-14. So wächst man auch im Gebet. Ich bete heute, nach 38 Jahren im Glaubensleben, ganz anders als am Anfang. Denn alle paar Jahre kamen neue Erkenntnisse, neue Herzensnöte, neue, auch biblisch orientierte, Schwerpunkte dazu oder ersetzten die vorhergehenden. So war z.B. jahrzehntelang bei mir das 'Vaterunser' eine Hauptrichtlinie. Ich 'lernte beten' wie die Jünger bei Jesus, als sie ihn um Gebetslehre baten (Lukas 11,1). Heute bete ich es fast nur noch im Verbund mit anderen. Das heisst nicht, dass es 'weniger Wert' für mich habe, sondern, dass es durch tiefere Herzenserkenntnis und durch tieferes Bibelstudium einen anderen Platz einnahm.

Durch meine stärkere Hinwendung zu der APOSTELlehre (siehe Apostelgeschichte 2,42) und natürlich meine KOINE-Bibel-Griechisch Forschungen fing ich plötzlich an wie die Apostel zu beten, besonders wie der Apostel Paulus. Aber darauf werde ich später zurückkommen.

Welche Gebetsarten gibt es im Neuen Testament?

Ich ordne die Gebetsarten nach den sechs Bezeichnungen ein, die ich im griechischen Grundtext fand. Es sind folgende Worte aus Philipper 4,6 und 1.Timotheus 2,1 und Hebräer 5,7:

Die Philipper bittet Paulus in allem ihre

PROSEUCHÄ,

DEÄSIS,

EUCHARISTIA

und AITÄMA

vor Gott 'kund werden zu lassen', wie Luther es nannte. An Timotheus schreibt Paulus noch eine zusätzliche Gebetsart, die ENTEUXIS. Der Schreiber des Briefes an die Hebräer erwähnt, dass Jesus neben dem DEÄSIS-Gebet noch das HIKETERIA-Gebet praktizierte. Sechs Bezeichnungen. Warum, so könnte manch ein Bibelkenner fragen, finden wir nicht die 'göttliche' Vollzahl 'sieben' in dieser Aufzählung? Eine pragmatische Erklärung habe ich nicht dafür. Aber vielleicht eine mystische... Im erwähnten Hebräertext steht, dass Christus mit ‚KRAUGÄ', mit Klagegeschrei oder Krächzen und mit Tränen betete - könnte dies ein Hinweis auf das um Leben ringende Herzensgebet sein? Dann wäre das unbenannte Gebet ein so tiefes, Geheimnis. volles Gebet, das sich nur dem erschliesst, der es von Herzen sucht.

Was bedeuten diese sechs Gebetsarten?

Fangen wir wieder bei Philipper 4,6 an: Vergleichen Sie, lieber Leser, die übliche Reihenfolge mit einer Bibel-Übersetzung wie Luther, Elberfelder, Schlachter, Genfer, Zürcher und ähnlich genauen Texten. Vergleichen Sie nicht mit einer Bibel-Übertragung wie 'Hoffnung für alle', 'Die gute Nachricht' oder ähnlichen Büchern. Denn solche halten sich nur ungefähr an die biblischen Texte. Ich nehme die deutschen Worte aus der alten Elberfelder Übersetzung und setze danach die griechischen Worte:

'Seid um nichts besorgt, sondern in allem lasset durch Gebet und Flehen mit Danksagung eure Anliegen vor Gott kundwerden'.

1. Gebet - PROSEUCHÄ.

Es bedeutet 'zu (Gott) zugewandt einen Wunsch äussern und/oder ein Versprechen machen'. Denn das Wort EUCHÄ heisst eigentlich 'Gelübde, Versprechen'. Dieses Wort EUCHÄ wird in Jakobus 5,15 von den meisten Übersetzungen leider mit 'Gebet (des Glaubens)' benannt und nicht mit 'Gelübde' wie richtig in Apg.18,18. Durch den Krankenheilungs-gebetstext in Jakobus 5 ist schon viel Last auf Kranke gelegt worden. Im Sinne von: 'du hast zu wenig geglaubt, darum wirst du nicht gesund'. Der Glaube sollte doch im gemeinsamen Gebet von allen im Mass des Glaubens (Römer 12,6) geteilt werden. Ein 'Gelübde des Glaubens' hat mit einem Versprechen zu tun. Beispielsweise nach einer Heilung den Lebensstil so zu verändern, dass man nicht nur körperlich, sondern viel mehr noch geistig gesund bleiben kann.

Haben Sie Gott schon einmal etwas versprochen im Gebet im 'Gegenzug' für eine Bitte? Probieren Sie es einmal, bei aller 'Gefahr', die eventuell ein 'Handel' mit Gott beinhaltet... Er könnte Sie beim Wort nehmen. Viel geloben, wenig halten (können) - ähnlich wie bei guten Vorsätzen fassen in der Sylvesternacht, das empfehle ich nicht!

2. Flehen - DEÄSIS.

Das griechische Wort kommt von DEOMAI her, das 'bitten' heisst. Aber der Wortstamm bedeutet 'ermangeln, benötigen'. Auch das im NT oft gebrauchte Wort DEI, 'es ist nötig', führt in diese Richtung. Also ist dieses 'Flehen' etwas, das als 'Notwendiges' vor Gott getragen wird. Vielleicht schwingt eine notwendige Aktualität mit in das 'Flehen' hinein? Jesus hat laut Hebräer 5,7 dieses Gebet oft praktiziert. Scheuen Sie sich nicht, das Notwendige gradlinig vor Gott zu tragen und 'beten Sie nicht um den Brei herum'!

3. Danksagung – EUCHARISTIA.

Das Wort ist den meisten Lesern wohl als 'Eucharistie' des katholischen Gottesdienstes bekannt. 'Danksagung' ist gut übersetzt. Jedoch schwingen Worte wie CHARA - 'Freude' und CHARIS - 'Gnade, freudvoll gegebenes Geschenk' mit. Wenn wir also danken im Gebet, freuen wir uns an Gottes Geschenken, die Er uns gerne gibt! Paulus dankte sehr viel. Überprüfen Sie dies mit einer Konkordanz. Lesen Sie, wie oft er das Danken erwähnt.

Hand auf's Herz, danken wir wirklich genug, IN allem, wie es in 1.Thessalonicher 5,18 steht? Spitzfindig gesagt: es muss ja nicht FÜR alles sein! Aber das Danken ist wirklich eine Grundlage. Römer 1,21 zeigt, wo das Nicht-Danken hinführen kann...

4. Anliegen – AITÄMA.

Dass hier viele Übersetzer auf den Begriff 'Anliegen' kommen, ist wohl am besten wie folgt nachzuvollziehen: Das griechische Wort steht als Hauptwort vom Verb AITEOO. Es weist auf 'fordern, verlangen' hin. Im 1.Korintherbrief 1,22 übersetzen AITEOO fast alle gute Übersetzungen richtig mit '(Zeichen) fordern'. Vielleicht fassen wir das AITÄMATA (das Wort AITÄMA steht im Plural) am besten mit 'eure Verlangen, Forderungen an Gott, im Sinne von Aufzählung der Anliegen' zusammen.

Aber der Wortstamm von AITÄMA weist noch in eine theologisch eher unbekannte Richtung hin: In die verwandten Wörter AITIA, AITION, AITIOS, AITIOOMA. AITIA heisst 'Grund', 'Ursache' (z.B. in Apg.10,21) oder heisst 'Grund einer Bestrafung', also 'Schuld' wie in Matthäus 27,37 zur Begründung von Jesu Tod. Ähnlich verhält es sich mit AITION (siehe in Apg.19,40) und mit AITIOOMA (siehe in Apg.25,7).

Mit dem verwandten Wort AITIOS hingegen bewegen wir uns in einem Text über Jesu Gebetsleben in Hebräer 5,7-9, das ich anschliessend noch genauer behandeln werde. AITIOS bedeutet auch 'begründend'. HO AITIOS ist der 'Begründer, der 'Urheber'. Jesus wurde der Begründer, der Urheber ewiger (äonischer) Rettung (Heb.5,9).

Wäre damit einfach der 'Grundsteinleger' oder der 'Grund, Grundstein' gemeint, hätte das Wort aus 1.Korinther 3,12, THEMELIOS besser gepasst. Der Hebräerbrief-Autor kannte es wohl, denn er braucht es auch im Kap.11,10. Dadurch, dass AITIOS gebraucht wird, schwingt für mich ein 'Begründen' der Gebete von Jesus mit. Jesus hatte Gründe für seine Gebete, er plapperte nicht (vergleiche Matthäus 6,7), er durchlitt seine Gebete. Wenn wir Ihm, der heute durch den Glauben in uns lebt und somit auch mitbetet, den Raum gäben, uns ein Urheber und Begründer unserer Gebete zu sein, würden wir dann nicht mehr Erhörungen erleben? Also, begründen wir doch auch unsere Gebete, sagen wir Gott, warum wir so oder so beten, zählen wir unsere Gründe auf, Er hört sie gerne und bewegt sie mit uns.

Im 1.Timotheusbrief 2,1 schreibt Paulus seinem geistlichen Lieblingssohn über die DEÄSEIS, PROSEUCHAS, EUCHARISTIAS und fügt noch eine weitere Gebetsart hinzu, die ENTEUXEIS (alle vier im Plural). In der Elberfelder mit 'Fürbitten' übersetzt. Schauen wir uns diese Gebetsart einmal genauer an.

'Ich ermahne nun vor allen Dingen, dass Flehen, Gebete, Fürbitten, Danksagungen getan werden für alle Menschen'

5. Fürbitte – ENTEUXIS.

Eigentlich heisst es 'Zusammentreffen, Begegnung, Besuch, Anrede'. Vom Verb her heisst ENTYNGANOO neben 'zufällig treffen' hauptsächlich 'zu jemandem gehen, um mit ihm zu sprechen, ihn etwas zu bitten'.

Mit einem modernen Wort ausgesagt, würde ich auf 'eine Audienz haben' hinweisen. Der intime, persönliche Charakter einer Audienz dürfte den meisten Lesern bekannt sein! Wenn nun der Beter Timotheus sich in seinen Gebeten derart zu Gott begeben soll, ermutigt das auch uns dergleichen zu tun!

Stellen Sie sich vor, Sie befinden sich ganz allein mit Jesus vor Gottes Thron. Dann dürfte der Charakter Ihrer Fürbitte, Fürsprache vielleicht eine 'neue Dimension' der Intimität erfahren?
6. Flehen – HIKETÄRIA.

Im Hebräer 5,7-9 habe ich oben schon wegweisende Hinweise auf Jesu Gebetsleben erwähnt. Es lohnt sich, den Text genau zu lesen!

'Der in den Tagen seines Fleisches, da er sowohl Bitten als Flehen dem, der ihn aus dem Tode zu erretten vermochte, mit starkem Geschrei und Tränen dargebracht hat, (und um seiner Frömmigkeit willen erhört worden ist) 8 obwohl er Sohn war, an dem, was er litt, den Gehorsam lernte; 9 und, vollendet worden, ist er allen, die ihm gehorchen, der Urheber ewigen Heils geworden'

Das deutsche Wort 'Flehen' begegnet uns wieder, welches die unrevidierte Elberfelder schon beim Wort DEÄSIS (siehe oben) verwendete. HIKETÄRIA kommt von dem HIKETÄS, dem 'Schutzflehenden' her, und dieses Wort wiederum von dem Ölzweig (Olivenbaumzweig) her, den der Schutzflehende in der Hand hält. Der Ölzweig bedeutet selbst in der heutigen Symbolik noch 'Frieden'. Auf dem Siegel der USA, auf der 1-Dollarnote abgebildet, trägt der Wappenadler in der einen Kralle Pfeile, die Krieg bedeuten und in der anderen Kralle einen Ölzweig als Friedenssymbol. Krieg oder Frieden, oder Frieden durch Krieg? Die Deutung ist vielschichtig... Doch zurück zur HIKETÄRIA, einer der Gebetsarten Jesu. Es ist ein Schutzgebet.

Jesus betet es für sich selbst und für die Ihm von seinem Vater gegebenen Menschen (siehe Johannes 17,9-10). Ein Schutzsuchender zeigt Schwäche und sucht Schutz beim Stärkeren. In Jesu Fall war dies sein Vater im Himmel. Wie oft musste der Vater im Himmel Jesus vom frühzeitigen Tode erretten? Wie in Nazareth (siehe Lukas 4,29) oder gar im Garten Gethsemane (Lukas 22,44) zum Beispiel? Wie oft war wohl Jesus in seiner Seele stark von Todesmächten angegriffen? Je tiefer wir in biblische Gedanken eindringen, je geheimnisvoller werden sie.

Im Hebräertext 5,7-9 geht es auch um diese Tiefen. HIKETÄRIA ist das demütige, flehentliche Schutzgebet, das mit starken Gefühlen einhergehen kann und mit Leiden zu tun hat - aber auch mit Frieden im Leiden! Schutz beim himmlischen Vater zu finden, dort zum 'Gott des Friedens' zu gelangen (Philipper 4,9), das geschieht tief im Herzen des Betenden. Somit könnte dies zum HERZENSGEBET führen, für das es keinen spezifischen Ausdruck in der NT- Sprache gibt. Ist dies Unausgesprochene etwa die geheimnisvolle '7. Gebetsart'? Wundern Sie sich nicht, wenn Sie, ohne Worte zu finden, sich in Ihrem Inneren Gott 'ausgiessen'. Dann könnte das geschehen, was im Römer 8,26 ausgedrückt wird! Auf diesen Text gehe ich später noch näher ein.

Wie sollen wir denn beten?

Noch einmal: Das Gebet ist das Persönlichste, was ein Mensch aussagen kann, denke ich. Nur im anfänglichen Glaubensleben kann man dort gelehrt werden, wie die Jünger einst bei Jesus selbst. Wird man 'glaubensälter', bilden sich die persönlichen Schwerpunkte. Diese hängen von vielen Faktoren ab. Vom Charakter beispielsweise, das heisst von Prägung und Wertvorstellungen. Oder vom seelischen Zustand wie ängstlich oder wagemutig sein, vom sich in einer Erfolgs- oder Misserfolgsphase befinden, von Selbstablehnung oder Menschenabhängigkeit leben. Dazu kommt, Vorbildern nachzueifern in Liturgie und Gemeindeleben. Sicherlich prägt auch das Gottesbild das Gebetsleben. Dass die Bibel zur Gebetsanleitung wird, dazu helfen Bücher nach, die meist alttestamentlich geprägt sind wie am 'Jabez-Gebet' (1.Chronik 4,9-10) oder die den Psalmen folgen oder die sich an den Namen Gottes gebetsmässig orientieren.

Die häufigste Gebetsanleitung ist das 'Vaterunser', das in den Evangelien steht. Diese bedeuten meines Erachtens 'die Krone des Alten Testamentes', denn sie berichten über den im AT verheissenen Messias. Von seiner ersten Erwähnung an als dem Retter in 1.Mose 3,15 bis zu den letzten Versen im Prophet Maleachi.

In den Evangelien wird uns endlich der gekommene Messias Jesus Christus in herrlicher Wahrheit aus vier Perspektiven dargestellt und bildet die Grundlage zu unserem Glauben an Ihn. Aber von der Gemeinde, von der apostolischen Lehre, von der Führung des Heiligen Geistes für das Gemeindezeitalter, lesen wir fast nichts in den Evangelien. Die Lehre des NEUEN Testamentes kommt erst durch die vom Geiste Jesu, dem Heiligen Geist, inspirierten Briefe der Apostel zu uns. Und dies gilt auch für die Beispiele der Gebete!

Wie der Apostel Paulus betete.

Paulus erwähnt immer wieder in seinen Briefen, dass er für viele betet (Philipper 1,3-4). Er ermutigt oft zum Gebet (Epheser 6,18), ja zum anhaltenden Gebet (1.Thessalonicher 5,17) und bittet um Gebet für sich selbst (Epheser 6,19). Er lobt andere für ihr Gebetsleben wie seinen Mitstreiter Epaphras (Kolosser 4,12-13), um nur einige Beispiele zu nennen.

An zwei Stellen im Epheserbrief lesen wir sogar den ausführlichen Wortlaut seiner Gebete für sie. Und im Brief an die Philipper ergänzt er einige tiefe Herzensgedanken seines - vielleicht oft wiederholten - Gebets. Schauen wir sie an:

Epheser 1,15-23, auszugsweise Verse 17-18.

Epheser 3,14-21, auszugsweise Verse 16-19.

Philipper 1, 9-11.

Epheser 1,17-18:

'auf dass der Gott unseres Herrn Jesus Christus, der Vater der Herrlichkeit, euch gebe den Geist der Weisheit und Offenbarung in der Erkenntnis seiner selbst, 18 damit ihr, erleuchtet an den Augen eures Herzens, wisset, welches die Hoffnung seiner Berufung ist, [und] welches der Reichtum der Herrlichkeit seines Erbes in den Heiligen'

In seinem 'Wunschgebet' (PROSEUCHÄ) für die Epheser (1,17-18) bittet er zuerst um den

Geist der Weisheit (SOPHIA),
und der Offenbarung (APOKALYPSIS),
in der Erkenntnis Seiner selbst (von Jesus) (EPIGNOSIS).

Es geht hier nicht um das normale Wort 'Erkenntnis' (GNOSIS), sondern um die 'EPI-GNOSIS', die eine 'auf die bekannte Erkenntnis dazukommende Erkenntnis von Jesus' hinweist. Einfacher gesagt: Geht tiefer in den Geist Jesu hinein, erkennt den Herrn auf tiefere Art!

Dann betet Paulus für die Hoffnung der Berufung, die uns Jesus ganz persönlich wissen lassen möchte. Wir werden sie aber nur mit den Augen des Herzens erkennen können, also nur wenn wir tiefere Gemeinschaft mit Jesus haben. Paulus bittet weiter, dass die Epheser anschliessend auch den Reichtum der Herrlichkeit Seines Erbes (von Jesus) unter den Heiligen (Gläubigen) erkennen sollen. Das Erbe, die zukünftigen Güter? Das ist die KLÄRONOMIA, was besser mit 'Losteil, zugelostes Teil' anstatt 'Erbe' zu übersetzen wäre.

Fassen wir dies erste Gebet zusammen:

Es geht zuerst um Weisheit und Herzenserkenntnis. Dann um unsere Berufung und dann um die zukünftigen, reellen Güter. All dies will Gott uns jetzt schon offenbaren. Wäre es nicht ein wichtiges, ständiges Gebetsanliegen für uns Gemeindeglieder? Heute fragen viele zumindest nach ihrer Berufung. Immerhin... Wenige wissen aber, dass sie an ihr Losteil 'gekoppelt' ist. Dafür sollten wir beten. So oft wie für die Bitten im Vaterunser.

Es geht weiter.

Die Epheser lesen noch mehr über ihres Apostels Gebet. Schauen wir in das 3.Kapitel, ab Vers 14. Hier lässt Paulus offen, welche Gebetsart er wählt.

Epheser 3,14-19:
'Dieserhalb beuge ich meine Kniee vor dem Vater [unseres Herrn Jesus Christus], 15 von welchem jede Familie in den Himmeln und auf Erden benannt wird, 16 auf daß er euch gebe, nach dem Reichtum seiner Herrlichkeit mit Kraft gestärkt zu werden durch seinen Geist an dem inneren Menschen; 17 daß der Christus durch den Glauben in euren Herzen wohne, indem ihr in Liebe gewurzelt und gegründet seid, 18 auf daß ihr völlig zu erfassen vermöget mit allen Heiligen, welches die Breite und Länge und Tiefe und Höhe sei, 19 und zu erkennen die die Erkenntnis übersteigende Liebe des Christus, auf daß ihr erfüllt sein möget zu der ganzen Fülle Gottes'.

In Vers 16 bittet er um Kraft für den 'inwendigen Menschen' im Mensch, dort wo Christus durch den Glauben im Herzen wohnt, in der AGAPE Liebe. Um diese Liebe Christi geht es nun, um ihre weltumspannende Gegenwart und vor allem um ihre Kraft, die alle Erkenntnis übersteigt. Die Quintessenz gipfelt in der Aussage, dass Gott mehr vermag als wir erbitten oder erdenken können... MEHR als unser Gebetsleben sich vorstellen kann! In dieser Aussage berührt Paulus wieder diese geheimnisvolle Gebetsgemeinschaft mit Gott in der Liebe Christi.

Mögen wir doch dort tiefer hineinkommen, in diese spezielle AGAPE, die, wie Paulus seinen Freunden in Philippi schreibt (Philipper 1,9), 'mehr und mehr überströme in Erkenntnis (wieder in EPI-GNOSIS!) und aller Einsicht'. In Einsicht? Was versteht der normale Leser damit? Bestimmt nicht das, was das griechische Wort AISTHÄSIS hier eigentlich aussagt: Im Deutschen verwandt mit 'Ästhetik' weist es eher auf 'angenehme Schönheit', besser noch auf 'Feinfühligkeit' und 'Fingerspitzengefühl' hin. So sollte unsere Liebe zunehmen und ausgelebt werden.

Zusammengefasst zeigen uns diese beiden Gebetstexte, dass es um die Liebe geht, die unerschöpflich, unbegrenzt und über alle Erkenntnis wirken kann. Lasst uns diesen Weg zuerst im Gebet und dann in der Praxis finden!

Wie kommt man diesem geheimnisvollen Gebetsleben näher?

1.Korinther 14,1-2 sagt:
'Strebet nach der Liebe, eifert aber um die geistlichen (Gaben), vielmehr aber dass ihr weissaget. Denn wer in einer Sprache redet, redet nicht Menschen, sondern Gott, denn niemand versteht (oder: hört) es, im Geiste aber redet er GEHEIMNISSE'.

Die Sprachen- oder Zungenrede, besonders die innerlich ausgeführte und nicht zur Schau gestellte, ist EIN Weg zum 'geheimnisvollen Gebetsleben'.

Ein zweiter Weg dazu ist 'das Singen und Spielen dem Herrn in (oder: mit) euren Herzen', siehe Epheser 3,19. Viele Menschen haben das schon erlebt, dass eine Melodie, mit oder ohne Text dazu, sie durch den Tag begleitete. Eine Melodie oder eine Wiederholung von mutmachenden Texten bringt uns tiefer in das Geheimnis der Gottespräsenz hinein.

Ein dritter Weg dazu ist das Erleben der Aussage in Römer 8,26-27:
'Desgleichen aber nimmt auch der Geist sich unserer Schwachheit an; denn wir wissen nicht, was wir bitten sollen, wie sich's gebührt, aber der Geist selbst verwendet sich (vertritt, tritt ein) (für uns) in unaussprechlichen Seufzern. 27 Der aber die Herzen erforscht, weiss was der Sinn des (menschlichen?) Geistes ist, denn er verwendet sich für Heilige (Gläubige) Gott gemäss'.

Dieses Seufzen oder Stöhnen findet auch ohne formulierte Worte statt. Volkstümlich kommt es dem 'Stossgebet' am nächsten. Jedoch ist es viel mehr. Es ist Gott, der sich für uns ausdrückt, der unsere Gefühlslage und unsere Ohnmacht kennt und der besonders in Zeiten, in denen wir keine Gebete mehr formulieren können, uns das 'Richtige' auf's Herz legt. Schlussendlich weiss der Bibelkundige, dass dann Vers 28 als 'Dessert' kommen wird:

'Wir wissen aber, dass denen, die Gott lieben, alle Dinge zum Guten mitwirken...'.

Ein vierter Weg dazu ist eine Art liturgisches Gebet. Es sind sich wiederholende, festgelegte Gebetsworte (oder Gesänge). Einige wurden von Generation zu Generation in der Kirche weitergegeben und andere haben Gläubige selbst 'entwickelt', gemäss ihrer Herzensneigung. Vielleicht kann man diese Gebetsart am besten mit dem Rosenkranzgebet vergleichen. Dieses Gebet ist als 'gedankenlose Litanei' in den meisten Gemeindekreisen verpönt. Es kann aber, in ähnlicher Form, an JESUS und den VATER gerichtet, eine grosse Gottesnähe bewirken. Um dann, wie auf einer 'Plattform', andere Gebete zu fördern und zu tragen. Eine interessante Erfahrung kommt durch Berührungen beim Beten - die Gebetsperlen, durch die Hand rinnend, lassen einem oft konzentrierter bleiben.

Viele Mystiker aller Zeiten pflegten diese Gebete. Von den christlichen 'Wüstenvätern' (den Eremiten) her, lebte es am intensivsten in den orthodoxen Kirchen weiter. Selbst in Gemeindekreisen wurde eines von ihnen, das 'Jesus-Gebet', bekannt. Seine ursprüngliche Kurzversion lautet wie folgt: "Herr Jesus Christus, Gottes Sohn, erbarme dich meiner". Dieser Text wiederum entstand aus Texten wie im Markus-Evangelium 10,47-48 / Matthäus 9,27 / 20,30-31 / Lukas 17,13 / 18,38-39 und ähnlichen.

Besonders das Gebet des Zöllners in Lukas 18,13 gab grosse Anregung: 'Oh Gott, sei mir, dem Sünder gnädig'. Selbst ein 'geretteter, gläubiger' Christ leidet immer wieder einmal unter bestehendem sündigem Verhalten, unter Charakterschwierigkeiten und schier unüberwindbar scheinenden inneren Hindernissen. Dort kann das liturgische Gebet starke Erleichterung und Friede bringen.

Viele Varianten mit Ergänzungen bereicherten die Betenden bis heute. Schon allein der Name, der 'über alle Namen ist - JESUS' (Phil.2,10-11) beruhigt, motiviert und hilft enorm in einem innerlich oft wiederholtem, gar inbrünstigem Gebet.

Ich selbst habe mit der Zeit eine Form des 'Jesusgebets' gefunden, die meiner sehr persönlichen Glaubenssituation entspricht und mir die wichtigen apostolischen Aussagen über das 'Vatergebet' hinzufügt: aus dem Römerbrief 8,15 und Galater 4,6... nämlich den Zusatz 'Abba, lieber Vater!'

Nur mit dem Herzen.

Alle besprochenen Gebete ergeben mit der Zeit der Praxis eine Mischung, mal so, mal anders. Mal klar voran, mal diffus und doch echt. Mal in Gemeinschaft, mal allein. Diese zuletzt besprochenen vier Gebetsarten jedoch können uns nachhaltig dabei helfen, das 'Geheimnisvolle' im Gebet zu entdecken oder das 'geheimnisvolle 7.Gebet'.

Ein freies Zitat aus dem 'Kleinen Prinz' von St.-Exupéry möchte ich hier anschliessen. Es ähnelt den Worten des Apostels Paulus: 'Nur mit dem Herzen sieht man wirklich gut'!

Zusatzstudie: Ist Anbetung Gebet?

Welch' eine Frage! Manch ein Leser denkt sofort: Aber natürlich! Vielleicht fehlte ihm auch ein Hinweis auf 'Anbetung' in der obenstehenden Studie? Ich denke diesen seltsamen Gedanken der Titelfrage einmal weiter...Hat nicht Gebet, Bitten, Flehen, Anliegen vorbringen und ähnlich Besprochenes viel mit KOMMUNIKATION zwischen dem Beter und Gott zu tun (falls der Beter nicht nur 'plappert' sondern auf 'hörendes Gebet' achtet)? Bei der Anbetung Gottes hingegen erwarte der Beter zuerst einmal keine Antwort, sondern er wendet sich voll und ganz Ihm zu!

Die Wortbedeutung von PROSKYNEOO - anbeten.

Das griechische Wort für 'anbeten' heisst PROSKYNEOO und wird im Deutschen durchgehend mit 'anbeten' übersetzt. Es kann zu Gott hin sein (Apg.8,27) oder vor Menschen (Apg.10,25). Auch in der bekanntesten englischen Bibel, der KJV, wird PROSKYNEOO mit 'worship' übersetzt und selbst dort so gebraucht, wo das Deutsche Unterschiede macht mit Übersetzungen wie 'Gott dienen' und 'verehren'. Beispiele finden wir in Matth.15,9 und Apg.17,23. Dort steht im Griechischen SEBOMAI, nicht PROSKYNEOO. Und im Apg.24,14 LATREUOO anstatt PROSKYNEOO.

Seltsamerweise gebraucht Paulus dieses Wort nur EINMAL (1.Korinther 14,25). Er beschreibt dort nichts von sich, sondern von einem anderen Menschen. Er selbst praktiziert das PROSKYNEOO nicht! Dies stellt uns vor ein weiteres Rätsel, denn Paulus ist doch einer der 'grössten Beter und Anbeter' im Neuen Testament! Aber davon später...

PROSKYNEOO wird in den Lexika (Schirrlitz, Passow) wie folgt definiert: 'Die Hand an den Mund legen, sie küssen und dann gegen einen Anderen ausstrecken, um diesem dadurch seine Ehrfurcht zu zeigen. Dann: Von der Verehrung, die die Perser ihren Königen erwiesen, indem sie sich niederwarfen, mit der Stirn die Erde berührten und den Boden küssten, also 'fussfällig verehren'. Im NT auf den Knien oder am Boden liegend jemandem seine Ehrfurcht bezeugen (oder ihn um etwas anflehen), ihm huldigen oder anbeten.

Passow bestreitet, dass eine Wortverwandschaft zu KYOON (Hund) bestünde, erwähnt aber auch den PROSKYNES, der schmeichlerisch 'anhündelt', also vor jemandem 'herumhündelt' wie ein Hund, der sich ehrerbietig-erfreut seinem Herrchen/Frauchen nähert!

Ich sehe darum eine gewisse Verwandtschaft zwischen KYOON und PROSKYNEOO.

Meine beiden wichtigsten PROSKYNEOO Stellen

...sind in der Versuchungsgeschichte von Jesus und im Gespräch von Jesus und der Samariterin zu finden.

In Matthäus 4 und Lukas 4 bietet der Satan Jesus alle Herrlichkeit und Gewalt aller Reiche des Erdkreises an, wenn er nur einmal huldigend vor ihm niederfiele. Was gäbe Satan alles her für diese Anbetung? Alles!!

Das zeigte mir den 'Wert' einer echten Anbetung. Zum Glück reagierte Jesus richtig. Im Gespräch mit der samaritanischen Frau platzierte Er die Anbetung Gottes auch anders, als seine Gesprächspartnerin es erwartete. In Johannes 4,20-24 erwähnt er PROSKYNEOO 9-mal als Verb und 1x als Hauptwort (9 ist die Zahl der Frucht und '9+1' ergibt als '10' einen Bezug zu den Nationen, siehe 'biblische Zahlenkunde').

Der VATER sucht Anbeter im GEIST.

Gott wurde und wird auf vielen Wegen angebetet. In Samaria, in Jerusalem. Johannes 4,20-24 berichtet uns ausführlich vom Thema 'Anbetung' in diesem Gespräch.

Erstaunlich ist, dass, obwohl in Jerusalem der rechte Ort zur Anbetung Gottes war und es wieder sein wird, wie die Propheten es schrieben (siehe z.B. Jesaja 2,3 und Sacharja 14,16), Jesus dennoch betont:
'...weder auf diesem Berge noch zu Jerusalem werdet (ihr) den Vater anbeten'.

Er erklärt es denn auch kurz darauf mit:
'es kommt aber die Stunde und ist jetzt, dass die wahrhaftigen Anbeter den Vater in Geist und Wahrheit anbeten werden; denn auch der Vater sucht solche als seine Anbeter. Gott ist Geist und die Ihn anbeten, müssen in Geist und Wahrheit anbeten'.

Folglich gibt es eine Gebetsform, die nichts mehr mit 'Jerusalem' zu tun hat, sondern mit einzelnen Anbetern, wo immer sie sich auch befinden ('im Geist') und wie immer sie auch beschaffen sind ('in Wahrheit'). Wahrheit heisst auf Griechisch ALÄTHEIA und kommt der Bedeutung 'Unvergessenes, Unverborgenes' nahe, modern gesagt: der 'Transparenz'.

PROSKYNEOO - Anbetung, unser Vater im Himmel hat Freude daran. Möge Er heute und bis in die Äonen viele wahrhaftige Anbeter finden!

PROSKYNEOO bei Paulus.

Ich sagte es obenstehend schon: wir finden das Wort PROSKYNEOO nicht in den Paulusbriefen. Und doch betet er immer wieder an, siehe im Epheserbrief 3,14 'ich beuge meine Knie vor dem Vater...' oder Römer 11,36 'Ihm sei die Herrlichkeit in Ewigkeit' oder Römer 9,5 'Gott, gepriesen in Ewigkeit' oder 1.Timotheus 6,15-16 '...der glückselige und alleinige Machthaber, der König der Könige und Herr der Herren, der allein Unsterblichkeit hat, der ein unzugängliches Licht bewohnt, den keiner der Menschen gesehen hat noch sehen kann, welchem Ehre sei und ewige Macht, amen!' Paulus, so denke ich, umgibt seine Anbetung mit vielem Danken. Philipper 1,3 'Ich danke meinem Gott... 1,9...und um dieses bete ich... 1,11...zum Preise Gottes'. Diese Stellen sind nur ein Beispiel. Leser, die eine Konkordanz konsultieren, werden erstaunt sein, wie oft und wofür Paulus immer wieder dankt und Gott lobt, das heisst, Ihn anbetet.

Bei ihm wird das PROSKYNEOO zur EUCHARISTIA und findet innerhalb der EUCHARISTIA (Danksagung) statt.

Alles Bitten, Gebet, Flehen, Anliegen sollte also mit DANKSAGUNG vor Gott kundwerden, um Philipper 4,6 noch einmal zu erwähnen und neu zu betonen. Paulus betete nicht ohne Anbetung, sondern packt alles mit ihr zusammen an. Und das mit seinem 'ganzen Herzblut', wie man sagt!
Johannes und Paulus, zwei Beter, zwei Wege für Gott.

Haben Sie schon bemerkt, dass Paulus für ALLE Menschen betet, beziehungsweise dazu ermutigt und Johannes nicht? Vergleichen wir 1.Timotheus 2,1-2 mit 1.Johannes 5,16. Johannes ermutigt nicht für wirklich ALLE zu beten! Erstaunlich. Es muss Gründe dafür geben, denn das ganze Wort Gottes ist von Gott eingegeben (2.Tim.3,16). Einer der Gründe könnte daher kommen, dass sich Paulus in erster Linie für die weltweite Gemeinde berufen weiss und Israel mit einbezieht. Johannes dagegen ist in erster Linie mit Jakobus und Petrus zusammen Israel verpflichtet und dann erst der weltweiten Körperschaft Christi (siehe Galater 2,9). Ein anderer Grund liegt in den verschiedenen Haushaltungen des jetzigen Zeitalters und der kommenden Zeitalter, auf die ich im Rahmen dieser Gebetsstudie nicht näher eingehen kann.

Eine mystische Ergänzung.

Aber einen anderen Gedanken, einen vielleicht nur schwer verständlichen, möchte ich noch hinzufügen: Paulus betete von 'innerhalb' der Körperschaft Christi, als Glied in einem Leibe, der geistlich-organisch mit dem Haupt durch Nerven, Blutgefässe und allerlei 'Gliedern' verbunden ist. Das heisst er betet nicht 'nach vorne' an - zu einem imaginären Thron z.B. oder einer Bühne mit Musikgruppe, 'Anbetungschor' oder sonstigen optisch-akustischen Anreizen, sondern er betet 'von innen her zum innerlich empfundenen Haupt', nämlich zum Vater durch den Herrn Jesus. Dies ist nur eine 'mystische Ergänzung' und keine Wertung. Selbstverständlich kann Anbetung überall stattfinden, auch mit moderner Gottesdienst-Gestaltung!

Kurz: selbst die Apostel Paulus und Johannes und Petrus und Jakobus hatten offenbar verschiedenartige Gebetsschwerpunkte. Eines jedoch war und wird immer gleich bleiben - die Herzenshaltung im Gebet und der Anbetung.

 

JoomShaper