Urtextperle AISTHÄSIS - Feingefühl

Liebe ist Liebe. Sie hat ihre verschiedenen Formen (siehe "Die vier Arten der Liebe im NT") und ihre unterschiedliche Intensität. In der AGAPE Liebe - der höchsten Art der Liebe - fehlt es leider oft an Feingefühl. Oder, wie man auch noch sagt - es fehlt an "Fingerspitzengefühl". Haben wir das nicht schon alle erlebt: Man will etwas "in Liebe sagen" und es kommt überhaupt nicht an! Offenbar hat der Apostel Paulus dies besonders bei den Philippern erlebt, in seiner eng vertrauten Gemeinde. Denn er schreibt an sie: "...und das bete ich, dass eure Liebe mehr und mehr überfliesse an (tieferer) Erkenntnis und an Feingefühl (AISTHÄSIS), damit ihr das Wesentliche (eigentlich: "Durchtragende") prüfen könnt...". Das Wort AISTHÄSIS erinnert uns an das deutsche Wort "Ästhetik". Und das zu recht.

Denn Ästhetik zeigt sich in feinem, guten Geschmack, in Design und Stil. Paulus wünscht den Philippern einen feinfühligen, stilvollen Umgang miteinander.

Als Lukas sein Evangelium schrieb, achtete er sehr auf den Gemütszustand der Personen in der jeweiligen Erzählung. Er suchte stets die treffendsten Ausdrücke. Zum Beispiel im Kapitel 9.45: Dort erwähnt er, dass die Jünger Jesus zwar sprachlich verstanden - aber das Feingefühl nicht hatten, seine verborgene Aussage über seinen baldigen Tod zu begreifen (Lukas wählt hier "AISTHANOMAI" für "begreifen", man erkennt den Wortstamm zu AISTHÄSIS).

Feingefühl. Es wird dem Mensch nicht in die Wiege gelegt. Das muss er sich im Leben aneignen. Am besten lernt er dies in der "Werkstatt der Sinne", im "AISTHETÄRION", der Lebensschule zur Anwendung der Sinne. Im Hebräerbrief 5,13-14 steht ein erklärender Text dazu: Unerfahrene Menschen im Wort der Gerechtigkeit brauchen Milchspeise anstatt fester Speise in der biblischen Verkündigung. Sie sind wie "Unmündige" in ihrem geistlichen Verständnis - ohne Übung (griechisch: "Gymnastik"!) im Wort Gottes. Die feste Speise ist für gereifte Sucher im Wort Gottes, die mehr und mehr die Werkzeuge ihrer Sinne einsetzen können, um Gutes und Schlechtes zu unterscheiden. Gott hat uns nicht nur die fünf bekannten Sinne wie sehen, hören, fühlen, riechen und schmecken gegeben, sondern auch noch den "sechsten" Sinn, die Intuition oder Ahnung. Und als Krönung des biblisch angewendeten Feingefühls sehe ich persönlich noch einen geistlichen "siebten Sinn": Die Fähigkeit, Jesus in allem als den "Wahrhaftigen" zu erkennen (1.Johannesbrief 5,20).

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