Das Buch des Lebens! "Komme jetzt zu Jesus - und du wirst im Buch des Lebens eingeschrieben!" Solch' ein Satz gehört zum Lieblings-Wortschatz eines Evangelisten. Gut gemeint. Wer zu Jesus kommt und seinen Erlöser sucht, erhält auch echtes Leben (eigentlich: "äonisches Leben" , meistens mit "ewigem Leben" übersetzt). Aber leider stimmt dies meiner Ansicht nach nicht. In das Buch des Lebens wird er nicht eingeschrieben. Dafür gibt es verschiedene Gründe.
Einer der Gründe ist aus dem Titel ersichtlich: es gibt mehrere "Bücher des Lebens" im Neuen Testament. Dann - wohlbemerkt stets aus biblischer Sicht - könnte es auch echtes Leben geben, ohne irgendwo in einem Buch des Lebens zu stehen.
Dieser Artikel soll darüber Klarheit schaffen. Ich versuche, so genau wie möglich dem griechischen Urtext im NT zu folgen. Und dies hauptsächlich aufgrund einer der ältesten und zudem einzigen vollständig überlieferten NT Handschrift - dem " Codex Sinaitikus". Zur besseren Übersicht gliedere ich die Studie in acht Teile auf:
- Eure Namen in den Himmeln.
- Das "schwierige" Büchlein des Lebens.
- Das Buch des Lebens.
- Das Buch des Lebens als Ergänzung.
- Das Buch des Lebens als umstrittener Text.
- Das Buch des Lebens in der Heilsordnung.
- Das Büchlein des Lebens des Himmels.
- Das Leben ausserhalb von Buch und Büchlein.
Eure Namen in den Himmeln.
Die Himmel haben also in der Bedeutungs-Zusammenfassung von Griechisch und Hebräisch damit zu tun, dass der "EINE NAME = GOTT dort oben bei den Wassern (des Lebens) zu schauen" ist.
Bei Gott findet sich sicher der sicherste Platz der Namen. Darüber, und nicht über Vollmacht, sollen sich die Jünger freuen!
Das "schwierige" Büchlein des Lebens.
Die einzige Stelle in der das "Büchlein des Lebens" vorkommt, ist Offenbarung 17,8 : dort wundern sich und bewundern die Bewohner auf Erden das "wilde Tier" - ein Ausdruck für den letzten Weltenherrscher. Es wird zudem betont, dass ihr Name nicht im Büchlein des Lebens steht...und dies "vom Niederwurf (KATABOLÄ) des Kosmos an". Der Text hat eine doppelte Schwierigkeit. Erstens, die des verwendeten Ausdrucks "Büchlein" anstatt "Buch" und zweitens, die des Zusatzes einer Zeitbestimmung. Da bei jeder schwierigen biblischen Stelle Ausleger auf Spekulationen angewiesen sind, die uns vom Hauptthema wegführen würden, verzichte ich auf die Meinige in dem, was den Zeitbestimmungs-Zusatz angeht. Die Verwendung des Wortes "Büchlein" anstatt "Buch" kann auf eine geraffte und somit konzentrierte Niederschrift hinweisen, wie auch auf einen Teilaspekt eines umfassenderen Werkes.
Das Buch des Lebens.
Die wohl bekannteste Stelle zum Thema "Buch des Lebens" findet sich in Offenbarung 20,12. Dort werden Büchlein aufgeschlagen und "... ein anderes Büchlein geöffnet, das des Lebens ist." Es geschieht vor dem grossen weissen Thron, vor dem die zum Gericht auferstandenen Toten nach ihren Werken gerichtet werden. Die Werke scheinen in den Büchlein zu stehen. Offenbarung 20,15 ergänzt "...und wenn jemand nicht in dem Buch des Lebens geschrieben gefunden wird, wird er in den Feuersee geworfen." In Offenbarung 20,12 geht es hauptsächlich um "Werke", nicht "Glauben". In den Büchlein stehen die nun zu richtenden Werke aller Menschen, die von den schlechten Menschen und die von denen, die versuchten, mit guten Werken zu leben. Die vom Bösen getriebenen Menschen kommen in die furchtbare Läuterung des Feuersees. Die das Gute Suchenden sind wohl die im Römerbrief 2, 6-7 und Matthäus Evangelium 25,31-47 genannten Menschen, denen aufgrund ihrer Werke "äonisches Leben" ( meistens irrtümlich mit "ewigem Leben" übersetzt ) zugeordnet wird. Dies gilt aber nicht für die "Ewigkeit", sondern nur für EINEN Äon (Zeitalter), der auch das Milleneum, das 1000-Jahrreich genannt wird. Während dieser Zeit haben sie Gelegenheit, zu lernen, wie man aus dem Glauben an Jesus lebt und somit äonisches Leben für die kommenden Äonen empfängt. Lassen sie sich dort aber nicht durch das Blut des Lämmleins waschen ( siehe Offenbarung 22,14), verfallen sie dem Feuergericht am Ende der 1000 Jahre in Satans letzter Verführung.
Das Buch des Lebens als Ergänzung.
Eine weitere Stelle, in der das "Buch des Lebens" vorkommt, steht in Offenbarung 13,8. Auch hier weist der Text auf die letzte antichristliche Zeit hin, auf den Weltherrscher, genannt "das wilde Tier" ( TO THERION) und auf die Menschen, die es bewundern werden. Lesen wir alle bezüglichen Texte genau: Offenbarung 17, 8 nimmt Bezug auf das Büchlein des Lebens im Zusammenhang vom Niederwurf des Kosmos an ( APO KATABOLES KOSMOU ). Wie obenstehend im Absatz "Das "schwierige" Büchlein des Lebens" schon erwähnt, stehen die Menschen, die hier genannt werden, nicht im (oder auf) dem Büchlein des Lebens von diesem Zeitpunkt an.
In Offenbarung 13, 8 stellt sich jedoch der Zusammenhang anders dar - dort bezieht sich das Buch des Lebens zuerst auf die "Schlachtung des Lämmleins" und erwähnt erst danach "vom Niederwurf des Kosmos an". Im originalen griechischen Text heisst es: "...EN BIBLO TES ZOOES TOU ARNIOU TOU ESPHAGMENOU APO KATABOLES KOSMOU ).
In diesem Buch des Lebens sind die Menschen geschrieben, die das Tier anbetend bewundern. Es ist eine seltsame Aussage, die scheinbar keinen oder nur widersprüchlichen Sinn macht - diese den falschen Christus bewundernden Menschen sollen im Buch des Lebens stehen?!
Aber das Original der Sinaitikus- Handschrift bezeugt den Text genau so. Deswegen ziehen fast alle Ausleger spätere Handschriften vor, die den Original Sinaitikus "korrigieren" und aussagen, dass die Namen dieser Menschen NICHT im Buch des Lebens stehen.
Die Antwort auf den tieferen Sinn des Textes liegt wahrscheinlich in der Tatsache, dass die Opferung des Lämmleins vom Niederwurf des Kosmos an ursprünglich für ALLE Menschen galt und somit auch für die Gottfernen. Durch das Gericht der Feuer- Läuterung in den Äonen der Äonen müssten somit auch sie in das Leben zurückkommen können. Somit würde die Aussage in 1.Korinther 15,28 eine erweiterte Bedeutung erhalten: "...damit Gott alles in allen sei".
Aber das Buch des Lebens bedeutet nicht, dass der darin Stehende das äonische Leben als sicheren Besitz hätte. In Offenbarung 3,5 steht: "Dem Siegenden...sein Name werde ich nicht auslöschen (eigentlich "nicht heraussalben") aus dem Buch des Lebens...". Nirgends in der Heiligen Schrift des AT oder NT findet sich ein Akt des Einschreibens, nur Hinweise auf ein Auslöschen ( Im AT siehe Exodus 32,32 und Psalm 69,29). Es gibt dementsprechend "Siegende oder Überwindende", die es nicht bis zu ihrer Lebensvollendung auf Erden bleiben, sondern aus dem Buch des Lebens entfernt werden können durch den Geist Gottes (heisst es darum genauer "heraus- gesalbt" anstatt "gelöscht?).Vergleiche mit Offenbarung 3,11 und 2,25 und ähnliche Stellen). Fallen sie in eine andere Heilsordnung zurück und kämen zum Beispiel später zu den Hochzeitsfeiern wie die törichten Jungfrauen in Matthäus 25?
Das Buch des Lebens in der Heilsordnung.
Im Philipperbrief 4,3 stoßen wir auf einen aufschlussreichen Text in Bezug auf die Mitarbeiter von Paulus."...ja, ich bitte auch dich, mein echter Jochgenosse, nimm dich ihrer zusammen an (das sind die vorgenannten Frauen Euodia und Syntyche), die mit mir zusammen im Evangelium mitkämpften mit auch Klemens und den übrigen meiner Mitarbeiter, deren Namen im Lebensbuch sind". Es gibt keine andere Stelle in den apostolischen Briefen, die eine solche Bemerkung enthalten. Wieso werden diese Mitarbeiter gesondert mit der Auszeichnung "deren Namen im Lebensbuch sind" genannt? Oder ist es eventuell gar keine aufwertende "Auszeichnung" sondern ein Hinweis darauf, dass sie zu einer anderen Heilsordnung als Paulus und sein "echter Jochgenosse" stehen? Dieser Gedanke dürfte den meisten Lesern so fremd sein, dass ich zur Erklärung etwas ausholen muss. Nicht alle, die gerettet werden durch den Glauben an Jesus, befinden sich in der gleichen Heilsordnung oder Heilsfolge. Das ist persönlich, örtlich und zeitlich verschieden. Im Auferstehungtext 1.Korinter 15, 23-24 sehen wir zum Beispiel vier Ordnungen, im 1.Thessalonicher 4,14-17 zwei (oder drei) und in Offenbarung 12,4-5 und Vers 17 lesen wir von drei Heilsordnungen im Bilde der Frau, ihres männlichen Sohnes und den Übrigen ihres Samens.
Die Liste liesse sich weiterführen, kommen wir jedoch zu Philipper 4, 3 zurück. Der "echte Jochgenosse" gab schon seit eh und je ein Fragezeichen auf. Wer könnte damit gemeint sein? Kein Name - und dennoch ein wohl sehr nahestehender und gleichgesinnter Glaubensbruder. Das zeigt sich im Adjektiv "echt". Im Griechischen NT Text heisst es GNESIOS und kommt fünf mal vor, einmal davon als Adverb GNESIOOS (im 2.Korintherbrief 8,8). Als Adjektiv bezieht es sich zwei Mal auf Timotheus, den geliebten geistlichen Sohn von Paulus und einmal auf Titus, der ihm fast so nahe stand wie Timotheus. ( 1.Timotheus 1,2 / Titus 1,4) Und dann im Philipper 4,3 der namenlose Jochgenosse, eigentlich SYZYGOS, der "Zusammengejochte". Die Wortverwandschaft von GNESIOS gibt uns weitere Einblicke darin, wie nahe der SYZYGOS zu Paulus stand. GNESIOS kommt von GINOMAI her, das unter anderem "werden, enstehen, gezeugt, geboren" heisst und somit auch mit GENESIS (Abstammung, Ursprung) verwandt ist. Das deutsche Fremdwort "genetisch, die Gene" kommt aus derselben Wurzel. Den Genannten in Philipper 4,3 nennt Paulus einen "genetisch echten, gleichgesinnten" Menschen, auf den er sich offenbar voll verlassen kann. Dass er seinen Namen nicht nennt, könnte mit Rücksicht auf den gewünschten seelsorgerlichen Dienst an Euodia und Syntyche zusammenhängen, den nicht alle in der Gemeinde mitverfolgen sollten...Kommen wir nun auf die Heilsordnung zurück (auf die ich zusätzlich im letzten Abschnitt dieses Artikels zurückzukommen gedenke). Im Philipper 4,3 Text werden Klemens und die übrigen Mitarbeiter mit dem Zusatz "deren Namen im Lebensbuch sind" also solche bezeichnet, die zwar geliebte Mitarbeiter sind, aber nicht "genetisch" mit Paulus in der gleichen Heilsordnung stehen. Ihre Namen wurden nicht nur im Lebensbuch aufgeschrieben, sondern sie stehen somit leider auch in der Gefahr, wieder ausgelöscht zu werden - siehe den Textvergleich mit Offenbarung 3,5!
Das Büchlein des Lebens des Himmels.
In der Offenbarung 21,27 steht im schon anfangs erwähnten Codex Sinaitikus ein anderer Wortlaut als in den übrigen gängigen Handschriften. Er lautet: " ...als nur die Geschiebenen des Buches des Lebens des Himmels." Der Textzusammenhang wiederum zeigt auf, um wen es geht - bitte ab Vers 21 lesen! Es sind die Zustände auf der neuen Erde, die Beschreibung des Neuen Jerusalem, die Herrlichkeit Gottes, das Lämmlein, die Völker, das Hineingehen in die Stadt und wer hineinkommt oder nicht. Auf der neuen Erde gibt es ein "Draussen und Drinnen". Es gibt also in den kommenden Äonen immer noch irdisches Leben - aber auch himmlisches Leben. Der Weg dazu führt in die Stadt und durch die Stadt. Wer vom Aussenbereich in die Himmlische Stadt möchte und ob er das in einem Lernprozess des Glaubens an und durch die Erlösung des Lämmleins ( ein Bild für Jesus und seiner Körperschaft, der Gemeinde) erreicht hat, das entscheidet das Buch des Lebens des Himmels. Wer mehr über die Zustände im Milleneum und den kommenden Äonen verstehen will, muss sich die Mühe machen, Offenbarung 20 - 22 genau zu lesen. Es ist kein Text über den Himmel, sondern des neuen Erdlandes, des Neuen Jerusalems und aller Menschen, die dann und dort leben werden. Wer es noch ausführlicher studieren möchte, muss viele prophetische Stellen im Alten Testament dazu lesen, besonders aus dem Jesajabuch Kapitel 60 - 66.
Das Leben ausserhalb von Buch und Büchlein.
Wir lasen nun viel von den Büchern des Lebens und im letzten Abschnitt auch vom Leben des Himmels. Aber vom Leben im Himmel - auch vom Leben "im Himmel auf Erden" - was ist damit? Gibt es nicht viele Gläubige die "in ihm (Jesus) bleiben, sowie er in ihnen" (Johannes 15,4) ? Diese Menschen bilden die "Leibesgemeinde", die "Körperschaft Jesu Christo" - verbunden aus dem Haupt Jesus Christus und den Gliedern seines Körpers (1.Korinther 12,12). Es sind die Gläubigen an Jesus, die er seit seiner Auffahrt zur Thronbesteigung im Himmel mit sich nahm und seitdem zu sich zieht. Der Anfang wurde mit den Auferstandenen aus Matthäus 27,52-53 gemacht, die er als "Wolke" in der Apostelgeschichte 1,9 mit sich hoch nahm, und die seitdem laufend durch die in ihm Entschlafenden vervollständigt wird als "Wolke der Zeugen" (siehe Hebräer 12,1).
Es fällt dem genauen Bibelleser auf, dass bei vielen Texten, die vom Sterben und danach vom Leben mit dem Herrn Jesus in den Himmeln ein unmittelbarer Lebensbezug besteht, der nicht durch irgendwelche Lebensbücher abgedeckt oder bewiesen wird. Man lese einige der besten Stellen dazu: Epheser 2,5-6 / Philipper 1,21-23 / 3,12-14 / 3,20-21 / Kolosser 3,1-4 / 1.Thessalonicher 4,13-18 / 1.Korinther 15,51-58 / 2.Korinther 4,16 bis 5,10.
Die Körperschaft des Herrn Jesus Christus steht meiner Meinung nach in keinem der Bücher des Lebens. Die Glieder sind von ihm gezeugt und genetisch eine Einheit mit ihm. Sie haben eine Berufung "nach oben" - siehe Philipper 3,14 und Kolosser 3,2. Sie leben in der Gnade, handeln in der Gnade und werden durch die Gnade ihre Bestimmung vollenden. Niemand kann sie aus der Hand von Jesus reissen (Johannes 10,27-30) oder beschuldigen (Römerbrief 8, 33). Nichts und niemand kann die Glieder seines Leibes scheiden von der Liebe Gottes (Römerbrief 8, 38-39) und somit von ihm!