Leiterschaft im Neuen Testament

Bezeichnungen und Beziehungen

Bezeichnungen für Leiter im Neuen Testament.

  • Epheser 4,11 : Apostel - ein "Gesandter"
  • Prophet - einer der was "hervor-spricht oder aussagt"
  • Evangelist - einer mit "guter Botschaft"
  • Hirte - einer der "pflegt und weiden lässt"
  • Lehrer - einer der lehrt, der die tieferen Zusammenhänge aufzeigt.

 

Interessanterweise wird dieser "4 oder 5-fältige Dienst" in 1.Korinther 12,28 auf 3 Hauptpositionen verkürzt, naemlich auf "1. 2. 3." Also auf "Apostel, Propheten, Lehrer" und dann andere Gabentraeger hinzugefügt, zu denen besonders zwei zum Thema "Leitung" auffallen: die ANTILEMPSEIS und KYBERNESEIS (Elberfelder sagt " Hilfsleistungen, Regierungen" dazu). Genau übersetzt heissen die Worte ANSTATTEINNEHMER und STEUERER (die steuern). Meine Konklusion zu dieser Aufzählung ist, dass Evangelisten und Hirten sich zwischen den Aposteln, Propheten und Lehrern "einordnen" sollen. Aber zurück zu den ANSTATTEINNEHMERN und STEUERERN...was kann das sein? Erstere sind, meiner Meinung nach, Gabentraeger in der Koerperschaft Christi, die bei Ausfall irgendeiner Leitung EINSPRINGEN ("anstatteinnehmen") und durch Gottes Geist die Aufgabe meistern, sie aber danach wieder abgeben müssen, wenn der ursprünglich Verantwortliche zurückkehrt. Die STEUERER sind solche, die innerhalb eines Events, eines Gottesdienstes z.B., vom Geist Gottes Weisung erhalten, wie der Ablauf plötzlich anders als geplant ablaufen sollte. Beide Gaben sind zeitlich begrenzt und zeigen sich nur bei Notwendigkeit.

Als nächstes schauen wir den "EPISKOPOS" an, den Aufseher (Elberfelder Ü.: Aufseherdienst, laut 1.Timotheus 3,1 "ein ideales Werk" ). Später wurde aus diesem Ausdruck der "Bischof". Ab 1.Timotheus 3,2 - 7 lesen wir von den - charakterlichen - Voraussetzungen zu diesem Amt. Nur eine Anforderung ist praktischer Natur, die "Lehrfähigkeit". Direkt anschliessend, ab Vers 8 kommt der Diakon, der DIAKONOS an die Reihe, mit den Anforderungen seines Standes und Amtes. Wie "wichtig" sind diese Leiter in der Gemeindeleitung oder überhaupt in der Gemeinde? Hier ein Urteil zu fällen, ist schwierig. Aber interessanterweise werden diese beiden Leiter in nur EINEM Gemeindebrief in den Grussworten an die Gemeinde erwähnt, im Brief an die Philipper. In den anderen Briefen stehen keine explizite Grußworte an Leiter.

Anschliessend kommen wir auf den PRESBYTEROS, den "Ältesten", siehe 1.Petrus 5,5. Petrus zählt sich als SYMPRESBYTEROS dazu, als "Mit-Ältester", 1.Petrus 5,1. PRESBYTEROS, genauer übersetzt, heisst "ein Vorausgehender", auch was das Alter angeht. Es könnten auch Frauen als Älteste verstanden werden, siehe die PRESBYTERA in 1.Timotheus 5,2 . (Eine einfach "ältere" Frau heisst GRAUS siehe ( 1.Timotheus 4,7 ). Danach sehen wir den DIAKONOS (1.Timotheus 3,8), den es auch im weiblichen Amt als Hilfe gibt (1.Timotheus 3,11)

Frauen mit Leiternamen finden wir noch im 2.Johannesbrief, Vers 1: die KYRIA, die "Herrin". KYRIA kommt von KYRIOS, "der Herr" und weist auf eine "richterliche Position" hin - von der griechischen Sprache her. Wenn wir schon bei der Bedeutung der Sprache sind, muss der Titel der Phoebe im Römerbrief 16,2, der PROSTATIS, genannt werden. Im Römerbrief 16,1 wird sie zuerst mit DIAKONOS bezeichnet. Als Paulus sie aber anschliessend PROSTATIS nennt, weist er auf ein sehr hohes Amt im alten Athen hin, eine Art "Stadtrat". Sie war mehr als eine "Diakonisse"... War sie eher ein hochstehender "Schutz" in amtlichen Dingen für Paulus?

Wie stark werten wir als Leiter die "Väter", die im 1.Johannesbrief 2.14 als reife Gläubige mit den Jüngeren genannt werden? Die Liste mit den Namen, die Leiterschaft betreffen, liesse sich mit den Gabenträgern aus 1.Korinther 12,4 -10 und Vers 28, sowie mit Römer 12,7 - 8 und anderen Bibelstellen ergänzen. Im Römerbrief 12,8 steht noch ein auffälliger Rat an Leiter, an "Vorstehende", die PROISTAMENOS. Sie sollen mit SPUDE arbeiten, mit Fleiss, Einsatz und Hingabe.

Wie kommt man zu einer Leitungsposition?

In den pastoralen Briefen von Paulus an Timotheus und Titus merkt man schnell um was es bei dem Anforderunsprofil geht: um die charakterliche Eignung in erster Hinsicht und nur nebenbei um die Fähigkeiten (1.Timotheus 3,2-4). Nur die Eignung zur Lehre gilt als Aufgabenbereich. In den Versen 6+7 kommt noch die Lebenserfahrung und der gute Ruf in der Nachbarschaft hinzu. Von den Diakonen wird Ähnliches gefordert. Zu interessanten Diskussionen führte schon oft der Hinweis, dass die EPISKOPOI (Aufseher) und DIAKONOI (Diakone) nur EINE Frau haben dürfen...heisst das, dass Gemeindeglieder ohne Amt mehrere Frauen haben dürfen?? Die Hauptlehraufgabe schien bei den Ältesten, der PRESBYTEROI, gelegen zu haben, siehe 1.Timotheus 5,17, die auch dafür bezahlt wurden, wie es aus dem Kontext aus den Versen 17 und 18 hervorgeht. Im Titusbrief 1,5-9 wird Ähnliches gesagt und die Lehre der Ältesten hervorgehoben. Die alten, nicht "älteren" Frauen, sollen Lehrerinnen des Guten sein, besonders für die jungen Frauen (Titus 2,3). Auch sie haben somit eine Leiterfunktion, ohne "Älteste" sein zu müssen! Anforderungen zur Leiterschaft werden seltsamerweise NICHT mit den Geistesgaben, beziehungsweise den Geistesgaben-Trägern, in den pastoralen Briefen kombiniert. Im Römerbrief 12, 6-8 kommt der Vorstehende als Gabenträger unter den anderen Gabenträgern vor...eine erfreuliche "Zusammenschau" der Körperschaft Christi, vergleiche mit Römerbrief 12,4-5. 

Also: Die Hauptanforderung der Leiterschaft ist im Charakter, in der Sozialkompetenz zu suchen. Selbst wenn er/sie die Lehrfähigkeit besitzt, soll er sie abgeben können, siehe nochmals Römerbrief 12, 7-8. Ähnliches lesen wir in 1.Korinther 14,26-33, da uns Vers 30 zeigt, dass "der Erste" zugunsten eines anderen schweigen soll...was selten in unseren Gemeinden vorkommt. Redet, lehrt, predigt der Leiter, wird er sich kaum "in seiner Autorität" von einem "Untergeordneten" unterbrechen, reinreden lassen!

Das Beziehungsumfeld des Leiters

Ein Leiter der allein bleibt, kann nur sein eigener Leiter sein. Ein Leiter der andere leiten will, braucht möglichst bald nach einer Anfangsphase einen Mitleiter. Eine sich aufdrängende Analogie wäre Gottes Ausspruch zum androgynen, noch ungeteilten Menschen in Genesis 2,18: "...es ist nicht gut, dass der Mensch (ADAM) allein sei, ich will ihm eine Hilfe schaffen.." in einer gängigen Übersetzung. Genauer aus dem Hebräischen ūbersetzt heisst es: " Nicht gut ist das WERDEN des ADAM für sich allein, ich will ihm eine HILFE machen als seine Gegenwart". Mit anderen Worten: wenn Adam weiterhin in seiner Aufgabe WERDEN (wachsen an Austausch mit einem Gegenüber) will, dann soll er dabei nicht allein sein.
So sehe ich das auch im Umfeld heutiger geistlicher Leiterschaft. Ich erlebte Apostel (Gründer) die bald ohne den nötigen Propheten (Korrektor und Ermutiger) ihre eigene Gründung wieder zerstörten oder sie verlassen mussten.

Leiter brauchen Gegenüber - sei es eine oder mehrere Personen.
Leiter brauchen Begleiter. Heute nennt man sie Coaches oder Mentoren.
Leiter brauchen unter ihren Mitarbeitern lernfähige Personen. Anfangs darf man sie als "Jünger" (griechisch MATHETES, Lernende) bezeichnen. Später sollten daraus mündige Mitarbeiter, ja Brüder und Schwestern werden. Wer dies versäumt, schadet sich und dem Werk.

Der Leiter, der möglichst biblisch leiten möchte, sollte sich biblische Vorbilder suchen - zuerst unseren Meister, Jesus. Ich habe gelernt von ihm, mir ein "konzentrischen" Beziehungsumfeld zu erstellen. Der nächststehende Jünger von Jesus war der, der sein Herz, seine Nähe, seinen Gewandbausch (KOLPOS, auf Griechisch, seine " Brust, an der er beim Essen lag“) zu suchen. Jesus liess ihn gewähren und erlebte auch seinen Teil an menschlicher Wärme eines "Nächsten" damit.
Als weiteren Kreis wählte er Johannes, Petrus und Jakobus, um ihnen tiefere Dinge zu offenbaren (wie auf dem Berg der Verklärung, siehe Matthäus 17). Die 5er und 7er Gruppe der Jünger lasse ich jetzt aus und zeige die 12er-Gruppe...die bekannteste Zahl seiner Lernenden. Dann kommen die 70 Jünger als weiterer Kreis, die er zu zweit aussandte (Matthäus 10). Vermutlich hatte er mehrere Hundert Männer und Frauen als anschliessenden Kreis um sich (siehe Kontext aus Johannes 6,60 und Lukas 8,1-3). Und dann diente er den Volksmengen...bis zu Tausenden von Menschen (siehe Bergpredigt und Speisungen). Ich kopierte die Abstufung so gut ich konnte in meinen verschiedenen Schaffensperioden.
Heute ist mein engster Vertrauter meine Frau, die 3 und 12 jeweiligen Vertrauenspersonen verantwortliche Mitarbeiter in den Bibelkreisen unseres Dienstes, die 70 und Hundert in den erweiterten Kreisen und die Tausende erreichen wir durch die Radioverkündigung.

Umfeld und Glaubensreife

Das Umfeld definierte ich als grundliegendes Raster. Die Glaubensreife hat viel mit ehrlicher Selbsteinstufung zu tun und mit der Verifizierung durch andere. Paulus redet vom Mass des Glaubens. Er ergänzt dieses Mass mit der Analogie (Entsprechung) des Glaubens (Römerbrief 12,3+6). An die Korinther erwähnt er das Charisma des Glaubens (1.Kor.12,9). Welcher Glaube auch jeweils gemeint ist (die Texte erklären sich zum Teil durch den kontextuarischen Zusammenhang), er ist eine Gnadenerweisung Gottes. Besonders der Leiter sollte sich darin erkennen..."oder erkennet ihr selbst nicht, dass (wie) Jesus Christus in (unter) euch ist?" ( 2.Kor.13,5). Paulus warnt davor (1.Tim.3,6 und 10) Unerfahrene zu Leitern zu machen und ohne Probezeit einzusetzen. Johannes zeigt im 1.Brief auf welche Schwerpunkte im Glaubensleben zu beachten sind (Kap.1,12-14). Wenn man "Kindlein TEKNIA, Kinder PAIDIA, junge Leute NEANISKOI und Väter PATERES" verwechselt in ihren Erfahrungen und somit in den Aufgabenbereichen - dann muss man sich nicht über dementsprechende Probleme in den Gemeinden wundern!

Der Johannestext zeigt Zusätzliches auf: Die zur Zeit vielgerühmte Jüngerschaftsausbildung sollte bald in eine familiäre Entwicklung münden, um Mündigkeit zu erreichen (nicht nur als Wortspiel gemeint!).
Eben - " vom Kindlein zum Vater wachsen" (siehe www.xandry.ch)! Dort muss der Jünger bald mal den Meister loslassen. Oder umgekehrt, was sich oft als ebenso schwierig erweist! Das meiner Ansicht nach Beste ist, dass sich auch gerade in der Leitungsfrage eine Bruderschaft entwickelt.

Steile und flache Hierarchie

In genauer Bibellektüre fällt auf, dass nur in den sogenannten "Pastoralbriefen" von Leiterschaft in den Gemeinden gelehrt wird. In den anderen NT Briefen mag Leitung erwähnt sein aber es finden sich nur - wenn überhaupt - Vergleiche wie bei Petrus, der sich z.B. Mitältester nennt (1.Petrusbrief 5,1) oder wie Johannes, der sich "der Älteste" nennt im Begrüssungswort seines zweiten und dritten Briefes. Im 1.Korintherbrief 14, 26-33 lernen wir im Umfeld der Gnadengaben aber bereits eine gewisse Betonung der Bruderschaft und Abbau der Hierarchie.

In der Apostelgeschichte, dem Buch der Entwicklung vom Christentum mit jüdischem Hintergrund zum Christsein ethnischer Prägung - also mit "Glaubens-Gnade" anstatt "Gesetzes-Gnade" - werden noch hierarische Strukturen erwähnt. Ein Beispiel: beim Abschied von Paulus in Ephesus ( Apostelgeschichte 20,17 ff) erinnert er zwar die eingesetzten Ältesten an sein Vorbild und warnt vor kommenden Problemen, aber in seinem späteren Rundbrief an Ephesus und Umgebung redet er nur noch von den Hauptstücken seiner Lehre und erwähnt keine leiterschafts-strukturellen Dinge mehr. Man erkennt also nicht nur im Epheserbrief, sondern auch in seinen anderen allgemeinen Episteln, dass Ämter und Hierarchien wie "unwichtig" geworden sind. Könnte man diese Entwicklung ein "Fortschreiten von steiler zu flacher Hierarchie" nennen? Je reifer eine Gemeinde oder eine Gemeinschaft wird, je weniger zählt eine strukturelle Leiterschaft und je mehr spürt man die gleichwertige Bruderschaft.
Gemeinden wie die Brüdergemeinden und Darbysten und ähnliche Freikirchen haben dies schon lange erkannt und auf ihre Art praktiziert. Jedoch fehlte oft im "Brüderlichen das Freiheitliche" - entstanden durch Fehlinterpretationen einiger NT Texte, auf die ich jetzt nicht eingehen möchte.

Die besondere Leiter-Stellung: der Hegemon

Es fiel mir in Apostelgeschichte 15,22 auf, dass die dort erwähnten "Lehrer" in der Luther-Übersetzung eigentlich im Grundtext HEGOUMENOUS genannt wurden. Ich fand dann im Hebräerbrief 13, 7 und 13,17 den gleichen Ausdruck - dort wieder "Lehrer" genannt. In der Elberfelder Übersetzung steht "Führer" und in der Dabhar Übersetzung " Leiter". Dies trifft am besten zu - aber lässt dennoch Fragen offen...welche Art von Leitern? Sind alle gemeint, die eine Leiteraufgabe erfüllen oder sind es "besondere" Leiter, die vielleicht sogar in den anderen Apostelbriefen ungenannt blieben? Wenn ein "sowohl- als- auch" richtig wäre, müsste - falls es das gibt - dennoch "das Besondere" gesucht werden!
Die Begriffe im griechischen NT reihen sich wie folgt auf:

  • HEGEMONIA - Lukas 3,1. Des Kaisers Herrschaft.
  • HEGEMONEUO - Lukas 2,2. Des Landpflegers Herrschaft.
  • HEGEMON - Matthäus 2,6. Bethlehem, eine "herrschaftliche" Stadt in Juda...wegen Davids Stammbaum.
  • Die anderen 19 Vorkommnisse beziehen sich stets auf Menschen in herrschaftlicher Stellung wie zum Beispiel die Könige Agrippa und Festus oder der Landpfleger Felix und auch Pilatus.

Bei dem Verb HEGEOMAI (29 Nennungen) vermischt sich die herrschaftliche Bedeutung mit anderen Betonungen. Und diese reichen bis in das Gemeindeleben hinein. Welche Stellung gäbe es in der EKKLESIA als "königliche" Leitung? Ist der Apostel dort der "Höchste" oder Wichtigste, weil er nach Epheser 2,20 die Grundlagen im NT so baut wie es die Propheten im AT taten?

Da gibt es Raum für spekulative Gedanken. Denen will ich nachgehen...

  • Woher kommt das Apostolat?
  • Wer bestätigt das Apostolat?
  • Wer behält den Überblick über die Gesamtgemeinde?
  • Wer hat Vollmacht, ohne zu haben, was man "Vollmacht" nennt?

Woher kommt das Apostolat?

Berufungen kommen immer von einem Berufenden her, auch wenn sich viele selbst berufen! "Viele sind berufen aber wenige auserwählt" (Matth.22,14). Der eine, der in dieser Geschichte von Jesus nicht das richtige Gewand für das Hochzeitsfest annahm, hat sich zwar mit den anderen Gästen (be-)rufen lassen, war aber nicht "erwählt" dazu (es ist, nebenbei bemerkt, ein schwieriger Text für den Bibelleser). Echte Berufungen erkennt man oft erst auf dem Weg zur Bestimmung oder am Ort derselben.
Die Jünger, die Jesus in den Evangelien berief, wurden nach Pfingsten zu Aposteln. Die Berufung von Paulus kennen wir auch aus zwei Berichten in Apostelgeschichte 9 und 22. Von der Berufung anderer Apostel lesen wir wenig bis nichts...wie zum Beispiel von Andronikus und Junias aus dem Römerbrief 16,7. Müssen alle, die Apostel sind, Jesus gesehen haben (1.Korinther 9,1)? Dann muss man "sehen" definieren...manche sahen innerlich wie äußerlich ( 1.Kor.12,1-4). Wer wird heute in der EKKLESIA " Apostel" genannt? Falls es sie gäbe, wer beruft sie dann? 

Vielleicht ist die Frage auch hinfällig, da meines Wissens die Amts -oder Berufsbezeichnung eher selten gebraucht wird in kirchlichen Kreisen (ausser in der Neuapostolischen Kirche). Und dennoch reden wir oft von einem "apostolischen" Dienst und berufen uns dabei auf Epheserbrief 4,11.

Wer bestätigt das Apostolat?

Wo kein Ernenner zu sein scheint, ist auch kein Bestätiger. Diese Logik funktioniert aber nicht. Denn Bestätigungen in einem Dienst kommen - wie wir schon oben beschrieben - auf dem Weg oder am Ort des Auftrags.

Das Gelingen in einer aufzubauenden Arbeit oder die Resonanz eines Dienstes bei von Gott berührten Menschen kann als "in einem apostolischen Auftrag" erkannt und somit "bestätigt" werden. Es scheint auch, dass je höher das Ansehen der bestätigenden Person ist, je "anerkannter" die Bezeichnung des Dienstes - somit auch des Apostolats. Jedoch - wo in der möglichen " Hierarchie" des NT ist der Apostel einzuordnen?


Wer behält den Überblick über die Gesamtgemeinde?

Bei den einzelnen Denominationen ist es meist klar, wer der Höchste ist. Dieser und das Gremium um ihn herum hat den Überblick (oder meint ihn zu haben) und die Vollmacht der Entscheidungen. Die gesamte EKKLESIA des Herrn jedoch kennt keinen "Höchsten". Hier entscheiden andere Kriterien.

Wer hat Vollmacht, ohne zu haben, was man Vollmacht nennt?

Vollmacht hat der, dem sie der Herr Jesus gibt. Es ist die Gnade des Herrn, die sich nicht unbedingt an der Fähigkeit des Empfangenden orientiert. Vollmacht ist situativ. Der Geringste in der EKKLESIA kann plötzlich zum Höchsten werden - Erste werden Letzte, Letzte werden Erste sein. Erste versagen oder sind auf einmal abwesend. Dann springen andere ein und erfüllen das, was der Herr wollte. Dies sind zum Beispiel die ANTILEMPSEIS, die "Anstatt- Einnehmer" (oft mit "Helfer, Hilfen" übersetzt und in der Liste von 1. Korinther 12,28 aufgeführt). Oder könnte es auch der HEGEMON sein?

In den Wortvorkommnissen vom Verb HEGEMONEUO/ HEGEOMAI schauen wir nun die vielfältigen Übersetzungen an: Das Grundverb ist HEGEMAI und heisst "vorangehen, den Weg zeigen, anführen". Aber es wird oft mit "meinen, wähnen, für nötig oder gerecht halten, hochhalten, für Freude halten, schätzen" übersetzt. Das Verb, von der Grundbedeutung und vom Sprachgebrauch her gesehen, ist schwer einzuordnen...so ist es offenbar auch der HEGEMON selbst! Er kommt in keiner Leiteraufzählung vor - so gering scheint er zu sein - und ist doch ein "Herrscher", ein Bevollmächtigter.

Nur drei Stellen beziehen sich im engeren "gemeindlichem Sinne" auf sie:

  • Apostelgeschichte 15, 22 - mehrere Männer werden als HEGOUMENOUS bezeichnet, darunter auch Paulus.
  • Hebräer 13, 7 mit "Gedenket an die euch Leitenden, die euch das Wort Gottes gesagt haben, schaut den Ausgang ihres Lebenswandels an und ahmet den Glauben nach".
  • Hebräer 13, 17 mit "gehorchet euren Leitenden und (unter)fügt euch, denn sie wachen über euren Seelen als solche die da Rechenschaft geben. Sie sollen es mit Freude tun und nicht als Seufzende, denn dies bringt euch keinen Lohn".

Es scheint als ob die HEGEMONEN überall mitreden konnten und Einblicke in die Lebenssituationen der Gemeinden und ihrer Glieder hatten, aber keine Befugnisse zu bindenden Entscheidungen. Sie waren Bevollmächtigte von Gott, aber in der Gemeinde wurde ihre Lehre, ihr Rat, ihre Vollmacht nur von denen "akzeptiert" oder befolgt, die es wollten. Paulus (der wahrscheinlichste Autor des Hebräerbriefs) will ihre Stellung zum Nutzen der Gläubigen fördern.

Der Kontext im 13.Kapitel in den Versen zwischen 7-17 zeigt auf ein Geschehen "ausserhalb des Lagers" hin und damit die ungeheure Wichtigkeit des "Hinausgehens" zu Jesus hin. Es lohnt sich diesen Textabschnitt in diesem Zusammenhang zu lesen!
Ist das der Weg der HEGEMONEN unter uns? Dann lasst uns darauf achten, dass wir sie unter uns Gläubigen erkennen!

Der Hegemon und sein "Ende"

Luther übersetzt im Hebräerbrief 13,7 das Wort EKBASIS - im Zusammenhang mit den Lehrern (den HEGUMENON im Grundtext) mit "Ende". Generationen von Bibellesern haben aufgrund dieser Übersetzung den Tod des Lehrers verstanden. Man schaute demzufolge bei vielen Vorbildern auf ihre letzten Lebensereignisse und beurteilte oft ihr gesamtes Glaubensleben danach. Jedoch - ist das der Sinn der Aussage? Wenn allein das Lebensende massgeblich wäre, so wäre das eine sehr starke "Verkürzung" eines mit allen Hochs und Tiefs gelebten Lebens. Und - wir, die wir Vorbilder suchen, müssten wir uns dann nicht auf Sterbende mehr ausrichten als auf Lebende? Diesen Gedanken widerspricht der genaue Sinn des Wortes EKBASIS. Es heißt, genau übersetzt, " das Heraus-hinaufgehen/steigen". Dazu kommt, dass die "s" Endung eher auf einen fortlaufenden als auf einen einmaligen Vorgang hinweist. Das andere Vorkommen des Wortes EKBASIS finden wir im 1.Korintherbrief 10,13. Dort geht es um die "menschliche Versuchung", also eine Versuchung, die allen Menschen widerfährt und einen treuen Gott, der uns nicht über unser Vermögen versuchen lässt. Falls dennoch die Versuchung kommt, schafft Gott jeweils eine EKBASIS dazu, die ein "Heraussteigen von unten her geführt" ermöglicht - wie der genauere griechische Text lautet. Dieses "von unten her" zeigt, meiner Meinung nach, die menschliche Basis einer Versuchung auf.

Meine Konklusion: Den HEGEMON sollten wir während seines Lebens beobachten können. Wie er im Glauben lebt, also was er Gott zutraut, wie er Gott vertraut und wie er mit der Treue zu Gott umgeht. Alles dies zeigt sich am besten darin, wie der HEGEMON aus den täglichen Versuchungen "herausteigt".

Der HEGEMON im kommenden Äon

Im kommenden Äon wird vieles auf unserem Erdland und in der Menschheit total anders laufen. Einige Stichworte dazu sind: Absenz von Satan und seinem Heer...folglich keine satanischen Beeinflussungen mehr...z.B. kein Krieg mehr. In der Natur gibt es keine Raubtiere mehr (z.B. wird der Löwe Gras fressen). Viele andere Segnungen warten auf Mensch, Tier und Natur. Somit ändert sich auch die politische, soziale und religiöse Situation. Es wird Gerechtigkeit herrschen (2.Petrusbrief 3,13), durch einen gerechten Gesetzgeber (Gott, Engel, verherrlichte Menschen) garantiert. Die Erde wird voll von der Erkenntnis des Herrn sein, gleich wie das Wasser den Meeresgrund bedeckt (Jesaja 11,9). Jesus sagt dazu den Satz: "...sie werden alle von Gott gelehrt sein" (Johannes 6,45). Das verändert die Leiterschafts-Strukturen...welche Art von Leitern brauchen die Menschen dann noch?

Gottesdienste in der äusseren Form werden durch das Gesetz geregelt werden...wohl in einer Mischung der alttestamentlichen und neutestamentlichen Abläufe. Es wird alles wohl "funktionieren". Aber inwiefern verändert es die Herzen der Menschen? Am Ende des 1000 Jahre langen Äons kommt die Herzensprüfung aller...Satan wird noch einmal auf die Menschheit "losgelassen" (Offenbarung 20,7-8) und unzählig viele Menschen werden sich wieder verführen lassen, sich gegen Gott wenden! Sie nahmen äußerlich die Segnungen an und entfernten sich dennoch innerlich vom Segnenden.

Eine gefährliche Zeit - eine Zeit in der es den HEGUMENON allerorten brauchen wird!? Leiter, die ausserhalb des religiösen Systems ermutigen, korrigieren und aufs Wesentliche in der Gottesbeziehung hinweisen? Diese Leiter würden meines Erachtens den heutigen Leitern in ähnlicher Lage vergleichbar sein...mit beratender und seelsorgerlicher Vollmacht von Gott ausgestattet, ohne die vom religiösen System anerkannte Vollmacht innezuhaben. Auch sie sind unter "den Letzten" zu finden - und werden vorübergehend die Position "der Ersten einnehmen" wie es in Matthäus 19,30 steht und in 1.Korinther 12, 28 von den "Anstatteinnehmern" (die üblichen Übersetzungen gebrauchen "Helfer/Hilfen") angedeutet ist. Selbst "wenn alle von Gott gelehrt sein werden", gilt das Wort aus 1.Korinther 2,6-9, dass nur denen die Gott lieben seine Weisheit zukommt.

Der Hebräerbrief spricht einiges anders aus als die anderen apostolischen Briefe - obwohl er sehr wahrscheinlich auch von Paulus verfasst wurde. Der Brief scheint im kommenden Äon eine Schlüsselrolle zu spielen. Man merkt es an Aussagen über die Engelwelt (Kapitel 1-2) und an Warnungen, dass man auch als Gesegnete wieder alles verlieren kann (Kapitel 6,1-6) und anderen Stellen. Somit erhalten die beiden HEGUMENON-Zitate im Kapitel 13,7-17 ihre besondere, erweiterte Leiterschafts-Bedeutung.

 

JoomShaper