Der KOLPOS - Wie werde ich ein Busenfreund Gottes?

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Wie kommt man nur auf die Idee, ein Bibelstudium über die Brust zu machen? Die Brust als Busen, die Brust als Gewand, die Brust als Tasche, dann als Meeresbusen, Paradies oder sogar als Herz Gottes? Nun, der erste, der es wagt, bin ich bestimmt nicht. Viele sind schon durch Aussagen wie sie im Johannes-Evangelium Kapitel 13, Vers 23 stehen, angeregt worden, tiefer in das Geschriebene einzutauchen. Der dort erwähnte "Schoss" heisst KOLPOS auf Griechisch. Johannes hatte eine ganz besondere Beziehung zu Jesus, das merken alle Leser. Er war der Jünger, "den Jesus liebte". Dieses "Geliebtwerden" von Jesus konnten alle Jünger von sich sagen, ja von Fernstehenden wird es auch berichtet, wie bei dem reichen jungen Mann (siehe Markus 10,21). Aber nur EINER lag am KOLPOS, der Brust von Jesus. Kein anderer. Und dennoch: alle Schrift, besonders die, welche auf die Beziehung Mensch-Gott eingeht, ist für jeden Leser geschrieben. Für jeden, der es begreifen kann und – danach sucht. Also gilt dies auch für die heute Glaubenden und Gott Vertrauenden. Sie dürfen sich Gottes besonderer Liebe bewusst sein und – am KOLPOS von Jesus liegen wie einst Johannes!

Was bedeutet dieser KOLPOS? Das Wort kommt 6 mal im NT vor: Lukas 6,36 / Lukas 16,22+23 / Johannes 1,18 / Johannes 13,23 / Apg 27,39. Es heisst Brust, Busen, Bausch, Schoss, Meeresbucht und einiges mehr, wenn wir uns im KOLPOS Gottes bergen wollen durch die Schrift. Also, dann tauchen wir mal ein...

Im Alltag begegnet uns die Brust nicht nur im Badezimmerspiegel, im Fitnesszentrum, beim Arzt oder in den "oben ohne" Bildern der Boulevard-Presse, sondern auch in Sätzen wie "mir liegt etwas schwer auf der Brust". Da dies eine ähnliche Bedeutung wie "auf dem Magen" oder "auf der Seele" liegen" hat, weiss man oft nicht, wie man "jemanden zur Brust nehmen" will. Immerhin weiss man dabei, dass man mit jemandem ernst reden möchte oder auf den rechten Weg führen will. Weniger ernst gemeint ist der Studentenspruch "sich einen zur Brust nehmen". Und doch "brüstet sich" manch einer dabei für seine Trinkfestigkeit - derweil andere sofort "im Brustton der Entrüstung" ein Saufgelage ablehnen. So vielfältig kann eine lebendige Sprache und Ausdrucksweise tönen, wenn es - wie in unserem Beispiel - "an die Brust geht".

Im Wort des Lebens, dem Neuen Testament, kommt die Brust ebenso in vielfältiger Bedeutung vor. Ich versuche das Wort KOLPOS - griechisch für Brust - wie eine Zwiebel zu behandeln und es in den Texten von der äusseren in die innere Bedeutung zu schälen.

Dreimal Brust

Nein, drei oder gar mehr Brüste meine ich nicht damit. Die vielen Brüste überlasse ich lieber der Göttin Diana von Ephesus. Man fand Abbilder von ihr mit vielen Busen. An den Diana-Büsten in Silber verdienten sich die Götzenbildner eine goldene Nase, nachzulesen in Apostelgeschichte 19,23-27. Die drei Ausdrücke für "Brust" sind, neben KOLPOS, noch STHETOS und MASTOS.

STHETOS ist der allgemeine Ausdruck für die Brust des Menschen. MASTOS bezeichnet die weibliche, nährende Brust. Die Vorkommnisse im Neuen Testament sind bei STHETOS: Lukas 18,13 / Lukas 23,48 / Johannes 13,25 und 21,20 / Offenbarung 15,6.

Und bei MASTOS: Lukas 11,27 und 23,29 / Offenbarung 1,13. Die KOLPOS Stellen gab ich obenstehend an.

Die Brust – Klarheit und Geheimnis

Bei der Lukas 18,13-Stelle schlägt sich der Zöllner im Tempelgebet an seine Brust, eine Geste der Schuld in der er sich gegenüber Gott sieht. Also ist der menschliche Körperteil gemeint. Desgleichen tun die Menschen, die das Sterben von Jesus erleben und sich dabei an die Brust schlagen (Lukas 23,48). Sie ahnen, dass dies ein Justizmord war und fühlen sich nicht unschuldig daran... Bei Johannes 13,25 ist von der Brust Jesu die Rede, an die sich der Jünger lehnt. Es ist ebenso klar der Körperteil der Brust gemeint. Im antiken Orient - es ist zum Teil heute noch so üblich - lag man bei der Mahlzeit auf Polstern, ass mit der rechten Hand und stütze sich mit dem linken Ellenbogen ab. Links und rechts taten alle Essenden dasselbe. So konnte eine grössere Körpernähe entstehen durch den, der rechts von einem sich aufstützte und so fast auf Brusthöhe zu liegen kam. Aber nun kommt die KOLPOS Brust in diese Betrachtung. Denn zwei Verse vorher, in Johannes 13,23 heisst es, dass Johannes, der sich ohne seinen Namen "den Jünger, den Jesus liebte" nennt, am "Busen" (KOLPOS) Jesu zu Tische liegt. Der auf Feinheiten geschulte Bibelleser horcht auf... da verbirgt sich mehr als nur die äussere Position dahinter!? Berührt dies ein Geheimnis der Wege Gottes und nicht "nur" einen Hinweis auf eine nahe Beziehung? Wir gehen später nochmals darauf ein. In Offenbarung 15,6 haben wir einen Einblick in Himmlisches: Wir lesen von den sieben Engeln, die sieben Zornesschalen-Gerichte Gottes einleiten. Sie sind aussergewöhnliche Hohheiten und zeigen dies mit goldenen Gürteln an, die sich über ihrem Brustbereich befinden. Hier steht das Wort STETHOS für Brust.

Als aber Johannes die überragende Herrlichkeits-Gestalt (ist es der verherrlichte Herr?) in seiner Vision in Offenbarung 1,13 beschreibt und wir dort den goldenen Brust-Gürtel wieder finden, steht das Wort MASTOS anstatt STHETOS. Der "normale Brustbereich" verändert sich mit dem Wort MASTOS in weibliche, nährende Brüste! Was sich unter dem fusslangen Gewand der Herrlichkeits-Gestalt verbirgt, ist eine majestätische, geheimnisvolle Weiblichkeit! Der Begriff MASTOS (Plural: MASTOI) kommt nur im Sinn der weiblichen Brüste im Neuen Testament vor. Die zwei anderen Stellen kann man in Lukas 11,27 und Lukas 23,29 nachlesen.

Die Brust als Bausch des Gewandes

Wenn wir heutzutage einen Bausch als einen modischen Faltenwurf in einem über den Körper geworfenen Umhang sehen, so war das in der Antike anders. Damals trug man im Untergewand, in dem "Chiton", einen Faltenbausch als einen verborgenen Aufbewahrungsort für Wertsachen. Diese Faltentasche nannte man auch KOLPOS (siehe Zitat Fremdwörter-Duden). Dort trug man nicht nur materiell Gutes, sondern auch seinem Herzen Nahes. Lukas zitiert Jesus, der uns von der äusseren Anwendung in den inneren Wert führt (Kapitel 6,36-38): "Werdet barmherzig wie euer Vater (im Himmel) barmherzig ist. Und richtet nicht, so werdet ihr nicht gerichtet; verurteilt nicht, so werdet ihr nicht verurteilt. Lasst los und ihr werdet losgelassen werden. Gebt und es wird euch gegeben werden: ein gutes, gedrücktes, gerütteltes, überfliessendes Mass wird man euch in euren Schoss geben - denn mit dem Mass mit dem ihr messet, wird man euch wieder messen." Was in den Bausch - in den KOLPOS - des Gewandes (als Weizen zum Beispiel) geschüttet werden kann, dient als Bild für das, was sich im tieferen Bausch, dem KOLPOS der Brust befinden soll. Der KOLPOS ist der Bausch des Herzens, die Wölbung der Gesinnung. Interessant, dass sich das deutsche Wort "wölben" von KOLPOS ableitet!

Aus den Tiefen des Meeres an den sicheren Busen

KOLPOS wird auch als Wort für Meeresbucht, Meeresbusen gebraucht. Manch ein Schiff sucht sehnsüchtig bei grossem Sturm den Gefahren des Meeres zu entkommen und sucht einen sicheren Busen am Strand von Mutter Erde... in der Apostelgeschichte 27,39 ist dieser KOLPOS das rettende Ziel. Lukas hätte wohl ein anderes Wort in diesem dramatischen Bericht der letzten Schifffahrt von Paulus und seinen Gefährten gebrauchen können, aber der Heilige Geist führte seine Feder zum Begriff KOLPOS. Ist damit angedeutet, dass es in den mütterlichen Schutz gehen soll? Die Inselbewohner nahmen alle Schiffsbrüchigen gastfreundlich auf und Melite - so hiess die Insel - wurde dadurch honigsüss gesegnet (Melite heisst "Honig").

Das Wort KOLPOS hat weibliche Spuren in unserer Sprache hinterlassen: "Kolpitis", der medizinische Fachausdruck für Scheidenentzündung. Oder "Kolpokleisis" - es heisst Verschluss der Scheide. Die Medizin hat mit Krankheit und Heilung zu tun, ähnlich wie in unserem geistlichen Leben und Werdegang. Krankheit ist oft ein Weg zu einem anderen, vielleicht gesünderen Leben. Das Meer ist in der Bibel auch ein Ausdruck für das Totenreich (siehe Offenbarung 20,13). Aus dem Tod kommt Leben. Leben sucht Schutz. In den KOLPOS, die schützende Busen-Bucht, fliehen die dem Tod Entrinnenden. Die Geschichte aus Apostelgeschichte 27/28 zeigt den Schiffsbruch in Melite als ein Bild des Aufgefangenwerdes in den Busen-Schoss Gottes.

Der Schoss als Paradies

"Der Schoss Abrahams" in der Erzählung des reichen, egoistisch lebenden Mannes und des armen Lazarus vor seiner Haustüre kennen die meisten Bibelleser. Dieser "Schoss" - es ist der KOLPOS - bezeichnet offenbar die Nähe des geplagten Lazarus zu Abraham hin, der ihn liebend an sich drückt und tröstet. Gab Abrahams Präsenz an diesem Ruheort der ganzen Umgebung den Namen? Schliesslich war er schon sehr lange dort, als Lazarus ankam! Denn Abraham starb ungefähr 1'800 Jahre vor Jesus und ging ins Totenreich. Auch heute noch tragen ganze Länder den Namen derer, die sie prägten (oder umgekehrt), wie wir am Beispiel vom Fürstentum Lichtenstein sehen können. Zum Thema "Schoss und Paradies" muss ich etwas ausholen. Es gibt im NT zwei verschiedene Paradiese. Das eine ist oben in den Himmeln, siehe "das Paradies GOTTES" in Offenbarung 2,7. Das andere Paradies (ohne den Zusatz "GOTTES") befindet sich unter der Erde als Ruhe- und Warte-Ort all derer, die vor der Auferstehung von Jesus als Gottesfürchtige, Gott-Gläubige gestorben waren. Ebenso wie Abraham. Denn vor Jesus, der uns allen den Himmel aufschloss, konnte keiner in die Himmel kommen, um dort zu bleiben (was über Henoch, Moses und Elia zu sagen wäre, sprengt den Rahmen dieser Studie). Dieses andere Paradies ist auch dasjenige, in das der bereuende Verbrecher nach seinem Kreuzestod kam und in dem Jesus, der vor ihm am Kreuz starb, ihn erwartete gemäss seinem Versprechen: "Heute wirst du mit mir im Paradies sein" (Lukas 23,43). Laut der Epheserbriefstelle 4,9-10 fuhr Jesus zuerst hinunter ins Totenreich, bevor er über alle Himmel aufstieg. Wenn das Paradies unter der Erde ist, dann kann man die Aussage von Paulus im 2.Korintherbrief 12,1-4 so deuten, dass er ausser im "dritten Himmel" auch im "unteren Paradies" war (die meisten Ausleger dieses Textes sehen den 3. Himmel und das Paradies als Synonyme). Der Schoss Abrahams muss heute ohne Abraham auskommen, denn er ist nicht mehr dort. Jesus nahm ihn mit aus dem Totenreich, dem Grab heraus (siehe Matthäus 27,52-53). Aber andere haben seinen Platz eingenommen... andere, die Trost brauchen nach dem Tode. Andere, die einen Busen-Schoss zum Anlehnen suchen. Zur Klarstellung: Es sind keine wiedergeborenen Christen darunter, sondern anständige Menschen (laut Römer 2,7) die ohne Glauben an Jesus Christus dennoch nach seinem Gebot lebten: "Alles nun was ihr wollt, dass euch die Menschen tun sollen, das tut auch ihr ihnen! Das ist das Gesetz und die Propheten" (Matthäus 7,12). Sie warten dort auf die Auferstehung nach Christi Wiederkunft und zum Gericht über die Gerechten und Ungerechten. Die Geist-Seelen wiedergeborener Christen gehen direkt in die Himmel "um zusammen mit Christus zu sein", wie Paulus es im Brief an die Philipper 1,23 ausdrückt. Wenn der KOLPOS Busen-Schoss schon in dieser Art von Paradies genannt wird, wie viel mehr dürfte er im oberen Paradies Gottes – an der Busen-Brust von Jesus tröstlich sein!

Intimität mit Gott

Oft hört man vom christlichen Wunsch "zu den Füssen Jesu" sitzen - ähnlich wie Maria in der Maria/Martha-Geschichte im 10. Kapitel des Lukas Evangeliums. Am KOLPOS Jesu ist man aber dem Herzen Gottes bedeutend näher als an seinen Füssen. Dort ist es viel intimer. Und die Intimität in der Gottesbeziehung dürfte entscheidend sein in einer Zeit wie heutzutage, in einer mehr auf "aussen" anstatt nach "innen" getrimmten christlichen Gemeinschaft. Kommen wir nochmals auf den Unterschied in den Johannes-Stellen 13,23 und 25 zu sprechen, in dem einmal STETHOS steht und einmal KOLPOS.

Die KOLPOS Stelle weist auf Johannes 1,18 hin: "Niemand hat Gott je gesehen, der einzig-gezeugte Gott, der in des Vaters KOLPOS ist, der hat es uns verkündet". Der genaue griechische Text sagt nicht "in", sondern "in-hinein" (EIS anstatt EN). Jesus liegt nicht nur ständig "in" seines Vaters Busen-Brust-Bausch, sondern er hat eine Beziehung zu Ihm, die tiefer "hinein" geht... immer tiefer, denn bei Gott gibt es kein Ende. Sollte es nicht so mit jedem Kind Gottes sein, das hinein in das Herz Gottes will? DURCH den KOLPOS Jesu hinein in den KOLPOS des Vaters? Nun betrachten wir nochmals die anderen erwähnten KOLPOS-Stellen und achten auf die EIS und EN (hinein und in) Vorkommnisse:

Wie werde ich ein Busenfreund von Jesus?

Drei Gedanken kommen mir spontan bei dieser Frage.

  1. für einen Busenfreund muss ich Zeit haben.
  2. für einen Busenfreud will ich Zeit haben.
  3. für einen Busenfreund nehme ich soviel Zeit, wie es nötig ist, um ihn mit einer Herzensbeziehung an meinem Leben teilnehmen zu lassen.

Um eines gerade klar zu stellen - hier geht es sicher nicht um irgend eine Leistung an Zeit, sondern um ein Bedürfnis zu stillen. Apropos "stillen": die oft unter Christen genannte "stille Zeit" (Zeit mit Gott ) kann mit dem Bild des "Gestillt-seins" verglichen werden. Der in 1.Mose 17,1 genannte EL SCHADAI, meist mit "der allmächtige Gott" übersetzt, weist eher auf den "allnährenden-mütterlichen Gott" hin. SCHAD zeigt im Hebräischen die sprachliche Verwandtschaft zur "Mutterbrust". Im Psalm 131 sehnt sich der Psalmist nach diesem "Gestilltsein" bei Gott. Das ist kein "Muss", das pflichtgemäss erfüllt wird! Falls ich dieses Bedürfnis nach dem Busenfreund habe, dann will ich nicht nur meine Gedanken und Gefühle mit ihm teilen, sondern auch seine erfahren. Gott und Jesus haben ihr Inneres mit Wort und Tat offenbart. Die Liebestat im Kreuzesweg, das Wort in der Bibel. Glaube ich an ihre Liebe für mich und will ich sie tiefer und tiefer kennenlernen, dann erforsche ich ihre Herzensgedanken. Sie interessieren mich sehr. Ich will mir Zeit dafür nehmen, ich will sie verstehen. Auch wenn ich vieles nicht verstehe, erfüllen sie mich dennoch... von Herz zu Herz, am Herzbusen liegend. Ein intimer Austausch braucht Regelmässigkeit. Jeden Tag erleben wir etwas, in Leid und Freud, in Erfolg und Versagen. Wir haben Befürchtungen, wir verfolgen Pläne. Es passiert so viel Kleines und Grosses um uns herum. Ist der Busenfreud wirklich ein Busenfreund, dann ist es uns ein Bedürfnis, mit ihm so oft wie möglich auszutauschen, ihn in unser Leben einzubeziehen!

Mein Wunsch ist, dass möglichst viele von uns Gotteskindern Freunde Jesu werden, siehe die Aussage in Johannes 15,14-15. Dort werden "Freunde" den "Sklaven" gegenübergestellt. Mein grösserer Wunsch ist, dass wir zu Busenfreunden von Jesus werden. Da gibt es keine Gegenüberstellung aus irgendeinem Zustand mehr, sondern nur noch eine immer tiefer werdende Herzensbeziehung zu Gott hin, in den himmlischen Vater hinein, so wie sie Jesus selbst hat.