Gemeinde im Sturm

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Nach den vielen "Wellen" der vergangenen Jahre (Lobpreis-welle, Seelsorgewelle, dritte Welle, prophetische Welle) scheint zur Zeit eines der grossen Themen in unserer Gemeindelandschaft Veränderung zu sein. Wobei Veränderung als nettes Wort für "persönlichen Zerbruch" oder "Zusammenbruch gewohnter Verhältnisse" steht. Es ist – nebst einzelner Ausnahmen - nicht zu übersehen: In vielen Gemeinden und Werken herrscht eher Umbruch als Aufbruch: Strukturen und Menschen, die sich nach der Meinung vieler Gewohnheitschristen gar nicht bewegen sollten, wanken bedrohlich. Ist das "Schiff, das sich Gemeinde nennt", daran, in ernste Seenot zu geraten?

Burn-Outs und stille Abschiede


Viele geistliche Leiter stehen im Burn-Out (Ausgebrannt-sein), müssen mehrmonatige Sabbath-Zeiten nehmen oder legen schlicht ihre Ämter nieder, um sich neu zu orientieren. Gemeindeglieder - und darunter befinden sich viele langjährige, treue Männer und Frauen - verlassen die Gottesdienste und andere Dienste der Gemeinde. Dabei machen sie nicht einmal jemandem Vorwürfe, bevor sie gehen. Sie gehen ein-fach. Bei Rückfragen hört man oft folgende Gründe: Neuorientierung suchen, Echtes im persönlichen Glaubensleben erfahren wollen, oder man möchte einmal ohne Gewohnheiten (oder Zwänge) der Gemeinschaft auskommen. Manche gehen und zeigen nur ein hilfloses Lächeln beim Abschied. Sie lassen durchblicken, dass für ihr Abgang keine richtigen Gründe vorliegen und sie der Gemeinde alles Gute wünschen. So sieht es vielerorts aus. Warum passiert dies? Dies fragen sich viele, solche, die bleiben - und solche die gehen.

Ist Paulus vierte Reise ein Gleichnis dazu?

Im Beten und Nachdenken über diese Entwicklungen bin ich im letzten Jahr auf die letzte Reise des Paulus von Jerusalem nach Rom gestossen, aufgezeichnet in Apostelgeschichte 27 und 28. Die Geschichte hat mich nicht mehr losgelassen. Könnte es sein, dass der Heilige Geist in diesem aussergewöhnlichen Bericht ein Wort an die Christen richtet, die auf dem "Gemeindeschiff" unterwegs sind? Und wenn ja, was könnten, müssten wir heute davon lernen?

Ein Schiff, das sich Gemeinde nennt...

In welcher Weise können wir die letzte Reise des Paulus als Gleichnis verstehen? Ich glaube, dass es ein Bild ist für den Weg Jesu mit seiner Gemeinde, der die Christen von Jerusalem nach Rom führt; was von den Namen her bedeutet: von der "Gründung" zur "hohen Stadt" . Im Gleichnis sehen wir: Ein Teil der Wegstrecke führt durch Wasser und wird von Christen üblicherweise auf einem Schiff, das sich Gemeinde nennt, zurückgelegt. Gottes Plan sieht eine günstige Streckenführung mit dem Anlaufen verschiedener Entwicklungs-Stationen an Land und auf dem Wasser vor. Seinen Plan teilt er durch prophetische Geistesträger (symbolisiert durch Paulus) auf dem Schiff mit und möchte so einen sicheren Kurs bewirken. Die manövrierenden Seeleute an Bord missachten jedoch leider häufig diese Art der Ratgebung. Sie bevorzugen eine Entscheidungsfindung, die auf menschlicher Erfahrung und auf angeeignetem Wissen beruht. So geraten viele (Gemeinde-)Schiffe auf dem Kurs nach Rom in den Sturm!

Was tun, wenn es stürmt?

Mitten im Sturm ist es notwendig, den bevorstehenden Schiffbruch als Korrektur Gottes zu verstehen. Das Schiff wird sinken, jedoch möglichst nahe der Küste. Um einen Schiffbruch auf hoher See zu verhindern, muss das Schiff jetzt leichter werden. Es ist Zeit, durch Abwerfen von La-dung und Geräten das sinkende Schiff dem rettenden Ufer zu nähern. Es ist Zeit, sich von kräfteraubenden Diensten zu trennen. Es ist Zeit, für die Menschen an Bord Gottes Wort (den Weizen) zu essen und sich zu kräftigen. Um nicht zu ertrinken, müssen alle an Bord das letzte Stück bis ans Ufer schwimmend zurücklegen, mit oder ohne Hilfsmittel. Für Schwimmer ist das Leben im Vertrauen auf Gott und das Bewegen im Geist vertraut. Für Nichtschwimmer ist dies vielleicht der erste Kontakt mit dem Wasser. Eins ist sicher: Gott rettet alle Menschen vom Schiff! An den neuen Gestaden erwartet sie zunächst Melite das Honigland, wo süsse Träume von Vollmacht und Gemeinschaft vielleicht vorübergehend wahr werden. Und auf dem dritten Schiff, das endlich Italien erreicht, scheint man eine geläuterte Gemeinde zu fin-den. Heute gilt es, aktuelle Prozesse verstehen und einord-nen zu lernen. Das Ziel des Weges Jesu mit der Gemeinde ist Rom, die hohe Stadt, das neue Jerusalem. Dort findet die Schöpfung ihre Erfüllung!

Schwimmend ans rettende Ufer

Auch im Reisebericht des Paulus findet dieser geistliche Entwicklungsprozess des Einzelnen Ausdruck. Als das zweite Schiff in der Apostelgeschichte 27 zerbricht, müssen alle Menschen von Bord an das rettende Ufer schwimmen. Glücklich, wer schwimmen kann, denn das Wasser ist tief und sturmgepeitscht. Glücklich, wer schwimmen von Schwimmlehrern (Gemeindeleitern) lernte, als die Lebensreise noch ruhiger verlief. Die Nichtschwimmer sind sehr zu bedauern. Sie halten sich an Schiffsteile geklammert, - wohl in Todesangst. Jeder ist nun auf sich allein, auf Gott gestellt. Jeder schwimmt alleine. Es ist also eine Entwicklung vom Herdentier zum Individuum notwendig.

Schwimmen lernen!

Schwimmen lernen ist ein persönlicher, individueller Prozess. Jeder hat einen anderen, seinem Wesen entsprechenden Schwimmstil im Sichtbaren. So auch im Geistlichen. Beim Schwimmen überlassen wir unseren Körper, unser Leben dem Wasser, den Impulsen Gottes. Wir suchen den Rhythmus, den Gleichklang mit ihm. Dies bedeutet ein Leben im Jetzt, ohne langfristige, religiöse Planungen, mit Flexibilität im Alltäglichen. Insbesondere durch ein regelmässiges Wortstudium entdecken wir das Wesen Gottes, lernen seine Gedanken ver-stehen, nehmen Ihn selbst in uns besser wahr. Das bringt Vertrauen. Es hilft uns, mündig zu werden und gleichzeitig "zu sein wie die Kinder!"

Lernen, kindlich von Gott abhängig zu sein

Das heisst, sich auf kindliche Art auf die uns neue Wirkungsart Gottes einzulassen. Kinder entdecken mit Neugier, Unbekümmertheit, Freude und Staunen, wie sie sich Gott überlassen können. Darüber hinaus reifen sie in der Gottes-nähe zu Erwachsenen , die ihre Lebenssituation mit dem (erneuerten) Denksinn (DIANOIA, Lukas 10,27; Römer 12,2) erfassen. Gott möchte Menschen lehren, sich nicht auf Hilfsmittel, sondern ganz allein auf IHN zu verlassen. So gelan-gen die Gläubigen in persönlichen Stürmen ans rettende Ufer, die Gemeinde im Sturm an das Ziel ihrer Reise.

Zum Weiterstudieren

Die vollständige Studie "Gemeinde im Sturm" (Vorwort von Jens Kaldewey) kann als Taschenbuch (90 Seiten, Fr. 12.80) erworben werden bei: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! oder A. Xandry, Rieterstr.33, CH-8002 Zürich.

Vielleicht kann diese Studie beitragen:
- um besser zu verstehen, warum es so stürmt in den Gemeinden, den Missionswerken und im Leben vieler Leiter,

- um diese stürmischen Zeiten als von Gott und nicht (nur) vom Widersacher kommend anzunehmen,

- um Ballast über Bord des Gemeindeschiffes zu werfen und ursprünglich erkannten Aufgaben nachzugehen,

- um sich von Diensten und Aufgaben lieber früher als später zu trennen,

- um von Zerbruch statt von religiös gefärbten Leistungen als Basis für erweckliche Zeiten auszugehen,

- um mehr in der persönlich erfahrbaren Führung abhängig von Gott zu werden,

- und somit fit fürs Schwimmen zu werden!