Urtextperle PAIS - Kind und Knecht

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Kind und Knecht, was haben Kinder mit Knechten zu tun?? Denken wir bei diesen Begriffen an die bedauernswerten, geknechteten Kinder in den asiatischen Kleiderfabriken oder Müllhalden?

Vielleicht. Aber wie bringt das NT die Begriffe Kind und Knecht zusammen? Mit dem Wort PAIS finden wir beide. In der biblischen Antike steht PAIS für "Knabe" (Matthäus 2,16), "Mädchen" (Lukas 8,51), "Sohn" (Johannes 4,51), "Knecht" (Matthäus 8,6), "Diener eines Königs" (Matthäus 14,2) und für "Diener Gottes" (Apostelgeschichte 4,25). Der Ausdruck "Diener Gottes" weist auf Jesus Christus hin (Apostelgeschichte 4,27 und 4,30).

Im Deutschen "versteckt" sich der Ausdruck PAIS in "PÄDagoge" (Lehrer und Erzieher) und in "PÄDOphiler" (ein missbräuchlicher Kinderfreund). Das Hauptwort PAIS leitet sich vom Verb PAIZOO ab und bedeutet "spielen" oder "Ablenkung durch Spiele" (1.Korinther 10,7). Knechte dagegen hatten eher wenig mit "Spielen" zu tun - da könnte sich das Wort PAIS vom Verb PAIOO ableiten, das "schlagen" heisst (Johannes 18,10). Kinder und Knechte stehen somit im Spannungsfeld zwischen "spielen" und "geschlagen werden". Jesus erklärt mit spielenden Kindern in einem Gleichnis die unterschiedlichen Reaktionen des Volkes zu Johannes dem Täufer und ihm selbst (Matthäus 11,17-19).
Nun, wohin weist uns diese Wortbetrachtung?

In geistlicher Hinsicht sind wir als gläubige Christen einerseits Kinder - Kinder Gottes - und andererseits Knechte, ja sogar "Sklaven" Gottes. Johannes sagt uns in seinem Evangelium (1,12): "Wie viele ihn aber aufnahmen, denen gab er Macht Kinder Gottes zu werden...". Petrus ermutigt uns, als freie Menschen, als Sklaven Gottes, Gutes zu tun (1.Petrusbrief 2,15-16)".

Die lexikalische Definition des Knechtes oder Sklaven Gottes wäre: "Jemand, der Gottes Willen tut - und dessen Mitwirkung sich Gott bei der Ausführung seiner Pläne bedient". Manche Bibelleser mögen die Bezeichnung "Sklave" zu "hart" für ein Kind Gottes finden.

Und sie können sich zu Recht auf die ermutigende Aussage von Jesus im Johannesevangelium 15,15 beziehen: "Ich nenne euch hinfort nicht mehr "Sklaven", denn der Sklave weiss nicht, was sein Herr tut. Euch jedoch nenne ich (nun) Freunde, denn alles was ich von meinem Vater gehört habe, habe ich euch wissen lassen." Gut so. Jedoch scheint dies (wie so oft in biblischen Aussagen) eben nur eine Seite der Wahrheit zu betonen, sonst würden sich die Apostel Paulus und Jakobus nicht als "Sklaven Gottes" bezeichnen (Titus1,1 und Jakobus 1,1). Hat vielleicht "Sklave zu sein" etwas mit wachstümlichem Gehorsam im Dienste Gottes zu tun?

Zurück zum Wort PAIS, der Wortwurzel zum PÄDagogen. In der Antike war dies ein Knecht, meistens ein in enger Beziehung zur Familie gehörender Sklave, dem man das "Wertvollste" anvertraute - die eigenen Kinder. Er verantwortete die Erziehung im Benehmen und in der Schulung. Paulus hat im Brief an die Galater (3,24-29) das mosaische Gesetz als "Pädagoge" (PAIS) bezeichnet, das auf Christus und auf den Glauben hinweist. Aber wenn die Kinder erwachsen und dem Gesetz "entwachsen" sind, führt nicht mehr der Pädagoge ihr Leben. Sie müssen es nun selbst verantworten. Nun können sie die Gnade der Freiheit entdecken - in einer freien Beziehung zu Gott, ihrem Vater.


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