Urtextperle AION - Äon, Lebenskraft

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Eigentlich hätte der Titel "AION - Ewigkeit, Zeitalter" heissen müssen. Denn diese Bedeutung ist die allgemein gebräuchliche in den Bibelübersetzungen. Beispiel: Johannes Evangelium 6,51. Dort steht: "...der wird leben in Ewigkeit (EIS TON AIONA)". Aber AION nun stets mit "Ewigkeit" zu übersetzen, bringt Schwierigkeiten. Lesen wir zum Beispiel Offenbarung 1,18. Dort übersetzen einige Ausleger den Hinweis auf die dort genannten Äonen mit "von Zeitalter zu Zeitalter" anstatt "von Ewigkeit zu Ewigkeit". Sprachlich gesehen ist dies wohl überlegt, denn es kann ja nur EINE Ewigkeit geben. Aber

AION stand früher sowieso für viel mehr als für einen Zeitbegriff. Die ursprüngliche Bedeutung des AION kam von "Leben", "Lebenskraft" her. Daraus entwickelte sich "Länge des Lebens" und "Generationen übergreifendes Leben". So entstand für AION der Zeitbegriff, die lange Zeit, das Zeitalter, die "Ewigkeit". Und mit der "Ewigkeit" konnte die Theologie der Kirche diesbezüglich ihre Aussagen und - leider - auch Dogmen entwickeln.

Eine andere Entwicklung des Wortes AION weist zum Begriff "Weltzeit" hin, im Sinne unseres modernen Wortes "Zeitgeist". Darunter verstand man das Denken und Handeln "irdisch gesinnter Menschen". Einige Philosophen betonten mit AION einen Bezug zum Sterben und nannten es "aus dem Äon herausgenommen werden". Der Bezug zu Leben und Lebenskraft verband sich oft mit dem Wort AION . Ein Äon "lebt". Er hat eine Aufgabe und Ziele zu erfüllen - für viele Menschen ist dies ein Geheimnis. Ein wichtiges Beispiel dazu: Hätten die Mächtigen unseres Äons erkannt, was das Zentralste in unserer Zeit war, hätten sie Jesus nicht gekreuzigt. Es lohnt sich, den Text im 1.Korintherbrief 2,6-9 zu lesen und sich dabei vor Augen zu halten, dass überall wo z.B. die Luther Übersetzung "Welt" sagt, der Begriff "Äon" steht!

Wer noch Ausführlicheres dazu lesen möchte, gehe zum Artikel "Zeitbegriffe im NT".

Eine ganz andere Verwandtschaft des AION zeigt sich zusätzlich im Bezug zur Psyche, der Seele. Sprachlich - und besonders optisch - sieht man bei PSYCHE und AION keinen Zusammenhang. Und doch existiert er als Analogie.

Die Psyche - im Verständnis der Antike als Lebenskraft gesehen - hat "äonisches" Leben. Die Dogmatik der Kirche machte daraus "ewiges" Leben und man lehrte als Folge davon, dass die Seele "unsterblich" sei. Mit den Texten der Propheten stimmt dies nicht überein (Ezekiel 18, 4). Die Seele ist sterblich. Holt Gott den Geist des Menschen zu sich zurück, stirbt der Körper (Predigerbuch 12,7). Hängt die Seele durch ihre irdische Gesinnung mehr am irdischen Körper als am zu Gott aufsteigenden Geist des Lebens, stirbt sie ebenso und geht ins Totenreich. (Mehr dazu im Artikel "Thema Tod - und das Leben danach"). Die Seele wird, wie oben gesagt, beim Sterben "aus dem Äon herausgenommen" - um die kommenden Äonen in der Dimension Gottes zu leben.